Hans Boesch

Samurai

Erzählungen
Cover: Samurai
Nagel und Kimche Verlag, München 2005
ISBN 9783312003631
Gebunden, 141 Seiten, 15,90 EUR

Klappentext

Mit einem Nachwort von Brigitte Kronauer. Jedes Jahr fährt Vincenzos Schwiegervater nach Israel in die Badeferien. Statt zu baden, besucht er täglich einen befreundeten Bauern im Hinterland und sieht ihm bei der Arbeit zu. "Dann bin ich nicht so allein", erklärt er Vincenzo. Seltsam, dass er dafür so weit fahren muss.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 06.03.2006

Thomas Wild befindet, dass der Schweizer Schriftsteller Hans Boesch, der 2003 gestorben ist, immer noch viel zu wenig bekannt ist. Als "Einführung" in dessen vielschichtiges Werk empfiehlt er daher diesen postum erschienenen Band mit Erzählungen. Die Geschichten drehen sich um "Menschen, die vom Leben grundlegend berührt wurden" und sie sind vor allem von "Zweifeln und Skepsis" geprägt, so der Rezensent. Ihm gefällt, dass Boesch sich dennoch nicht in "zerknirschter Miesepeterei" ergeht, sondern sich stattdessen vom "Gebot der Genauigkeit" leiten lässt und in äußerst präziser und klarer Sprache erzählerisch bis in die 1940er Jahre zurückgreift. Der politische Impetus von Boeschs Erzählungen sieht Wild gegen den Umstand gerichtet, dass die Schweiz nach dem Zweiten Weltkrieg versuchte, sich "eine weiße Weste anzulegen". Der Rezensent preist die mitunter fast lyrische Qualität der Texte und sieht in der großen sprachlichen Genauigkeit der Geschichten eine "scharfe Kritik" an der "Flucht in die Unschärfe", mit der sich die Schweiz nach dem Krieg aus der Verantwortung zu ziehen versuchte.
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Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 05.11.2005

Der Rezensent Oliver Pfohlmann zeigt sich gespalten angesichts der "ungleichen Qualität" der in Hans Boeschs Erzählband "Samurai" versammelten Stücke. Einige, etwa die Erzählung "Die Vögel", verprellen den Leser aufgrund ihrer "aufdringlichen Symbolik" oder ihrer allzu offensichtlichen "didaktischen Intentionen", wie der Rezensent findet. Andere wiederum haben den Rezensenten mit ihrer "Menschlichkeit" gerührt. Immer wieder entwerfe Boesch mit "kurzen, prägnanten Sätzen" Konstellationen, die auf den ersten Blick "naiv" wirken, dann aber "leise und nachhaltig" etwas Irritierendes entwickeln. In den Begegnungen seiner "einsame Seelen" entstehe etwas, das aus der "Erstarrung" führe und die Figuren einen Moment lang zum Schweben bringe.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 18.10.2005

Es ist ein postumes Geschenk, das uns Hans Boesch mit diesem Band macht, schreibt die Rezensentin Beatrice von Matt begeistert. Zunächst muss sie jedoch ihrer Überraschung Ausdruck verleihen, dass Boesch, den man eher in längerer Prosa zuhause wähnte, sich nun auch als Meister der kurzen Form erweist. Bei allen Erzählungen dieses Band, so die Rezensentin, fungiere der "Moment der Erlösung" als zentrales Motiv. Dies allerdings auf recht unscheinbare Weise, da die Erlösung nicht als solche gefeiert werde, sondern dazu neige, im Strom des Alltäglichen unkenntlich zu werden. Boeschs Momente der Erlösung sind demzufolge kleine und zumeist vorsatzlose "schöpferische Taten", die die "Kapsel der Einsamkeit", in denen seine Figuren stecken, eher "ansengen" als sie zu sprengen. Der beglückten Rezensentin erscheinen diese schüchternen Pfade, die aus den "Pattsituationen des Lebens" herausführen, durchaus als "Epiphanien", so wie sie die alten Griechen verstanden - als Moment nämlich, in dem überraschenderweise ein Gott in die Welt der Menschen tritt.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 05.10.2005

Esther Kilchmann ist geteilter Meinung über diese "kurzen und kargen Geschichten" aus dem Nachlass eines Autors, der bislang außerhalb der Schweiz nur wenigen bekannt ist. Einige, in denen es darum geht, "Wortlosigkeiten zu umkreisen", etwa zwischen alten Kauzen in Schweizer Bergdörfern oder im Angesicht des Todes, haben ihr richtig gut gefallen - ihre Präzision, ihre "spröde Sprache", die zur "Beengtheit der Schweizer Nachkriegszeit" passt, zu den armseligen oder kleinbürgerlichen Verhältnissee, um die es geht. Andere wiederum haben bestenfalls "Altherrencharme", und wenn Boesch seine Alltagszeichnungen mit transzendentem Sinn auflädt, dann wird es gar unerträglich. Fazit: "unzeitgemäße", aber in den besten Geschichten auch "zeitlose" Literatur, die die Entdeckung lohnt.
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