Frauke Rostalski
Die vulnerable Gesellschaft
Die neue Verletzlichkeit als Herausforderung der Freiheit
Klappentext
Viele der gegenwärtig sehr heftig geführten Debatten sind Ausdruck einer schleichenden Werteverschiebung. Sie verändert unsere Gesellschaft grundlegend, ist uns aber kaum bewusst. Mehr und mehr scheinen wir bereit, Einschränkungen unserer individuellen Freiheit hinzunehmen, um einem gesteigerten Sinn für Verletzbarkeit gerecht zu werden. So verwandeln wir uns langsam in eine Gesellschaft von "Vulnerablen". In ihrer Untersuchung macht uns Frauke Rostalski auf diesen neuen Konflikt zwischen Freiheit und Verletzlichkeit aufmerksam - und plädiert für ein offenes Gespräch: Wieviel Vulnerabilität möchten wir uns auf Kosten der Freiheit zugestehen? Sie zeigt, wie sehr Vorstellungen von Vulnerabilität bereits zu Freiheitseinschränkungen im Recht geführt haben - nicht nur in Fragen medizinischer und pandemischer Risiken, sondern auch im Bereich der sexuellen Selbstbestimmung, der Suizidbeihilfe, des Schutzes vor Diskriminierung und des Schwangerschaftsabbruchs. Vulnerabilität ist aber nicht nur das heimliche Leitmotiv eines neuen Rechts und einer neuen Ethik. Sie führt auch eine neue Empfindlichkeit in unsere Debattenkultur ein, die gesellschaftliche Aushandlungsprozesse zu blockieren droht.
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Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 20.03.2024
Mit Interesse, wenn auch nicht uneingeschränkt positiv bespricht Michael Wolf diesen Essay der Rechtsprofessorin und Ethikrätin, die davon abrät, die "Vulnerabilität" von einzelnen zum Kriterium für Politik zu machen. Ob sie auch über die Vulnerabilität von Gruppen spricht, die sich zum Beispiel diskriminiert fühlen, lässt der Rezensent offen. Frauke Rostalskis Hinweis, dass eine demokratische Gesellschaft auch eine nüchterne Debattenkultur à la Habermas braucht, findet Wolf nicht so überaus innovativ. Mit mehr Interesse wendet er sich ihren juristischen Argumentationen zu. Hier kann er der Autorin durchaus beipflichten, wenn sie darlegt, dass eine übermäßige Einmischung des Staates in ein angebliches Schutzbedürfnis seiner Bürger zur Überregulierung, Bürokratisierung und zum Verlust an Freiheit führen kann. Eine Demokratie, die am Ende "nur noch Schutzbedürftige und keine Verteidiger mehr kennt", will er auch nicht.
Buch in der Debatte
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