François Jullien

Der Umweg über China

Ein Ortswechsel des Denkens
Cover: Der Umweg über China
Merve Verlag, Berlin 2002
ISBN 9783883961774
Kartoniert, 194 Seiten, 13,60 EUR

Klappentext

Aus dem Französischen von Mira Köller. Mit einer Einleitung von Jean-Francois Lyotard. Im vorliegenden Band, der Gespräche Julliens mit Debat, art press, Magazine litteraire, Auszüge aus "Penser d?un dehors (la Chine)" und ein Grundsatzpapier enthält, erklärt der französische Philosoph und Sinologe seine Methode, das Denken den Ort wechseln zu lassen, ohne der Utopie in die Falle zu gehen. Und er erklärt, warum er China für jenes konkrete Anderswo hält, das man mit Foucault als "Heterotopie" bezeichnen könnte.

Im Perlentaucher: Rezension Perlentaucher

Er ist heute einer bedeutendsten Sinologen. Aber er studierte nicht chinesisch, weil er in den Osten verliebt war, weil er fasziniert war von der chinesischen Geschichte, sondern weil er wissen wollte, was Europa ist und um das zu begreifen, bedurfte es eines - so war seine Überlegung - starken Kontrastmittels, eines Gesellschaftsentwurfs also, der nichts mit Europa zu tun hatte, bei dem keine gegenseitigen Einflüsse vorlagen. Auf deutsch liegen inzwischen fünf Veröffentlichungen des 1951 geborenen François Jullien vor. Sie sind alle lesenswert. Vor allem die Abhandlung "Über das Fade - eine Eloge". Wer sich schnell einen Einblick in Julliens Denken verschaffen, wer nachvollziehen möchte, was ihn reizt an der chinesischen Welt, für den sind die unter dem Titel "Der Umweg über China" erschienenen Texte von, mit und über ihn die richtige Einstiegsdroge...
Lesen Sie mehr in Arno Widmanns 'Vom Nachttisch geräumt'

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 14.09.2002

Nichts geringeres als die Erneuerung des abendländische Konzepts der Vernunft über den Umweg China hat sich der französische Philosoph und Sinologe Francois Jullien auf seine Fahnen geschrieben, weiß Rezensent Matthias Echternhagen. Wie Echternhagen ausführt, verdeutlicht Jullien am Beispiel des im 14. Jahrhundert lebenden chinesischen Malers Ni Zan, der sein ganzes Leben dieselbe chinesische Landschaft gemalt hat, das grundlegende Konzept der chinesischen Geisteskultur, den "unsichtbar wirkenden Fluss der Realität als Anfang und Ende alles Seienden". Der unvermeidliche Lauf der Dinge, das Werden und Vergehen, um das es den Weisen geht, droht hinter dem Gerede der Welt, dem Rauschen der Diskurse zu verschwinden, erklärt Echternhagen Julliens Kritik an den westlichen Vernunftkonzepten. Neben seinen Ausführungen zum Thema Vernunft benennt Jullien, im vorliegenden Interviewband auch biografische Details sowie Antriebsfaktoren und Ziele seiner Forschungsarbeit in China und Japan, berichtet Echternhagen.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 11.05.2002

Der französische Philosoph Francois Jullien hat lange Jahre in China verbracht, das Ergebnis des Perspektivwechsels ist die nach seiner Rückkehr nachhaltig betriebene "Dekonstruktion" Europas "von außen". Julliens Methode im Umgang mit dem westlich-philosophischen Herkommen besteht, so der Rezensent Peter Bexte, in der "hintergründigen Verrückung von Wörtern und Strukturen". So gewinnt er neue phänomenologische Einsichten, indem er aus östlicher Perspektive über das Atmen nachdenkt oder die in China hoch gewertete Kategorie des Faden. Es geht dabei, meint Bexte, nicht um eine feste Neu-Verortung des Denkens im Osten oder im Westen, sondern um ein Zirkulieren. Dieser Gesprächsband eignet sich, lobt der Rezensent, hervorragend als Einführung in die Philosophie eines der "kreativsten und produktivsten Denker des gegenwärtigen Frankreichs".