Francis Fukuyama

Scheitert Amerika?

Supermacht am Scheideweg
Cover: Scheitert Amerika?
Propyläen Verlag, Berlin 2006
ISBN 9783549072899
Gebunden, 219 Seiten, 20,00 EUR

Klappentext

In seinem neuen Buch setzt sich Fukuyama kritisch mit den Neokonservativen in Amerika auseinander, die die Bush-Administration dominieren und federführend waren bei der Formulierung der amerikanischen Antwort auf die terroristische Bedrohung seit dem 11. September 2001. Fukuyama schildert die Herkunft der neokonservativen Ideologie und ihre Durchsetzung in der amerikanischen Politik seit den neunziger Jahren. Mit dem Irakkrieg habe sich diese führende Denkschule der vergangenen Jahre selbst diskreditiert. Ihr Unilateralismus, ihr Glaube an eine amerikanische Sonderstellung, ihr Mißtrauen gegenüber den europäischen Verbündeten und der UNO haben sie in eine Sackgasse geführt - mit immensen innen- wie außenpolitischen Kosten.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 10.05.2006

Rezensent Wilfried von Bredow lobt Francis Fukuyama und liest dessen deutschen Kritikern en passant die Leviten. Denn, argumentiert von Bredow, der Autor trage seine neue und kritische Einschätzung der amerikanischen Außenpolitik "gut begründet" vor. Die maßgeblichen deutschen Publizisten würden Fukuyamas partielle Wende hingegen in ihrer "Selbstgerechtigkeit" als wenig originell oder ähnliches herunterspielen. Im neuen Buch, referiert der Rezensent, schildert der Autor zunächst die Genesis des Neokonservatismus und dessen Hoffnung auf eine "demokratische Weltordnung" nach 1990. Mit dem 11. September 2001 habe diese durch die Globalisierung obsolet gewordene Utopie ein unglückliches Revival erlebt. Man habe nämlich geglaubt, dass "demokratiekonforme Zwecke jedes Mittel" bei der Terrorbekämpfung rechtfertigen würden. Um nun aus diesem Bereich jenseits der "Legalität und Legitimität" wieder herauszukommen, schlage Fukuyma eine europäisch inspirierte Außenpolitik vor, die mit weniger Militär und Kosten gleichwohl den "moralisch-missionarischen" Zungenschlag beibehalten solle. Damit scheint der Rezensent einverstanden. Einzig Francis Fukuyamas Hinweis auf Bismarck hält der Rezensent für nicht ganz so gelungen, schließlich sei dieser nicht für seinen demokratischen Missionseifer bekannt.
Lesen Sie die Rezension bei buecher.de

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 08.04.2006

Dieses Buch des einst umstandslos den Neokonservativen zugeordneten Polit-Denkers Francis Fukuyama sorgt für Aufsehen, weil er sich als bekennender "Renegat" darin ausdrücklich gegen die Prinzipien wie die Praxis der Bush-Regierung ausspricht - und damit auch vom neokonservativen Mainstream lossagt. Es geht ihm um die Frage des Verhältnisses Amerikas zur Welt - und die von Fukuyama in diesem Buch vorgeschlagene Position versteht sich - und versteht der Rezensent Martin Altmeyer - als "Mixtur" bekannter Strategien. Zwar wendet sich der Autor gegen den "missionarisch" begründeten Interventionismus der gegenwärtigen Regierung, warnt aber noch stärker vor der Gegenposition, in die die amerikanische Außenpolitik nach gescheiterten Einmischungen immer umzuschlagen droht: den "nationalen Isolationismus". Fukuyama plädiert für Augenmaß und Verantwortung und lässt dabei viel Sympathie für europäische Versionen des "Multilateralismus" durchblicken. Der Rezensent enthält sich eines klaren Urteils, scheint aber gegen Fukuyamas Ansichten Keine Einwände zu haben.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 05.04.2006

Rezensent Karl Grobe gibt seiner persönlichen Hoffnung Ausdruck, dass Francis Fukuyama mit seinem Buch das Ende des Neokonservatismus eingeleitet habe. Allerdings, so der Rezensent, nehme Fukuyama bei seiner Kritik des Neokonservatismus keinerlei Notiz von der Diskussion außerhalb des "Neocon-Clans", und erst recht nicht, wenn dort draußen andere Sprachen gesprochen würden. Insbesondere beim Thema Entwicklungspolitik sei dies ein "Unding". Eindrucksvoll und wirksamer hingegen ist aus Sicht des Rezensenten, wie Fukuyama den Irak-Krieg als Auslöser seiner "Abkehr vom Neocon-Clan" beschreibt. Als "klügeres" Modell amerikanischer Interessen-Politik favorisiere Fukuyama das Lancieren von internationalen Institutionen so wie nach dem Zweiten Weltkrieg. Sofern Fukuyama tatsächlich für eine neue kommunikative amerikanische Außenpolitik eintrete, formuliert der Rezensent vorsichtig im Konjunktiv, "hat er sich um die internationale Debatte verdient gemacht".

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 01.04.2006

Pflichtschuldig referiert Anette Bingemer die Thesen von Francis Fukuyamas neuem Buch, das sie als einen "ideengeschichtlich hergeleiteten" Kommentar zur amerikanischen Außenpolitik gelesen hat, oder wie sie spitz bemerkt als "Pflichtstück eines amerikanischen Professors". Den ausgereiften Entwurf einer möglichen Neuorientierung sieht die Rezensentin darin allerdings noch nicht. Fukuyama plädiert darin für einen "realistischen Wilsonianismus", der sich nicht von übertriebenen Bedrohungsszenarien leiten lasse, sondern sich der Verbreitung wirtschaftlicher Liberalisierung und gesellschaftlicher Modernisierung verpflichte - soweit dies praktikabel sei. Hierfür, fasst Bingemer Fukuyamas Gedanken zusammen, seien Impulse aus den jeweiligen Bevölkerungen unerlässlich. Als positive Beispiele dienen Serbien, Georgien und die Ukraine. Der Irakkrieg dagegen sei die Folge einer missionarischer Politik, die dem Blockdenken des Kalten Krieges verhaftet geblieben sei und das an sich noble Ziel der Demokratieverbreitung in Misskredit gebracht habe. An seiner Kritik gegenüber der Uno hält Fukuyama fest, informiert die Rezensentin noch, die das Buch nicht unbedingt als Abrechnung mit den Neokonservatismus verstanden hat, eher als eine Korrektur oder Modifizierung. Weiterer Kommentare enthält sie sich.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 30.03.2006

Claus Leggewie macht keinen Hehl daraus, dass er Francis Fukuyama, politischer Ökonom der Johns-Hopkins-Universität in Baltimore und seit seiner These vom "Ende der Geschichte" weltbekannt, für reichlich überschätzt hält. Auch Fukuyamas Abkehr vom Neokonservativismus und der Irak-Politik der Bush-Regierung, zuerst in einem Artikel im neokonservativen Magazin "The National Interest" dargestellt und begründet und nun ausgewalzt in "sieben redundanten Kapiteln" zu einem angeblich hochaktuellen polithistorischen Megaseller, findet Leggewie eher ermüdend. Nichts Neues finde sich in "Scheitert Amerika?"; alles, was das Buch an Argumenten und Analysen auftischt, hat Leggewie schon andernorts gelesen, und besser dargestellt. Fukuyama plädiert für etwas, das er "realistischen Wilsonianismus" nennt. Dahinter verbirgt sich, so Leggewies Diagnose, eine US-Außenpolitik, die zwar "moralisch inspiriert" ist, "aber von der Wirklichkeit ernüchtert" - also ein verantwortungsvoller Multilateralismus statt eigensinnigem Unilateralismus. Die Schrift Fukuyamas bezeichnet der Rezensent schonungslos als "wenig originell und eigentlich sehr provinziell".