Christian Adam

Der Traum vom Jahre Null

Autoren, Bestseller, Leser: Die Neuordnung der Bücherwelt in Ost und West nach 1945
Cover: Der Traum vom Jahre Null
Galiani Verlag, Berlin 2016
ISBN 9783869711225
Gebunden, 448 Seiten, 28,00 EUR

Klappentext

Der Zweite Weltkrieg ist zu Ende, die Deutschen vernichtend geschlagen. In den Köpfen der Bevölkerung herrscht Orientierungslosigkeit - und die Besatzer in Ost und West erkennen schnell: mit Zeitungen und Büchern kann man das Bewusstsein der Bevölkerung wirksam beeinflussen. Schnell werden die Bibliotheken von der alten Naziliteratur befreit, Drucklizenzen vergeben und Strukturen neu aufgebaut. Man will den radikalen Neuanfang, träumt von der Stunde Null. Doch mit dem Kalten Krieg werden Bücher und Autoren zunehmend zum Zankapfel der Systeme; Verlage werden von Parteien und Geheimdiensten finanziert, Bücher zu ideologischen Waffen. Christian Adam untersucht die Mentalitätslage der Deutschen anhand der Bestseller in Ost und West und hat dabei eine Unmenge spannender Geschichten zu erzählen.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 12.07.2016

Steffen Martus hat Christian Adams Studie über die deutsche Literaturgeschichte in Ost und West nach 1945 offenbar mit großem Interesse gelesen. Der Kritiker erfährt hier, dass im Westen zunächst jene Autoren Literaturpreise erhielten, die geblieben waren - darunter auch aktive Nazis -, während im Osten vor allem jene Autoren ausgezeichnet wurden, die emigrieren mussten. Darüber hinaus liest der Rezensent hier nicht nur nach, wie groß die Nachfrage nach Büchern nach dem Zweiten Weltkrieg war und wie viele Verlage vornehmlich in Westdeutschland gegründet wurden, sondern erfährt auch, dass bei den Alliierten ebenso wie zuvor im Nationalsozialismus auf das umerzieherische Potential der Literatur gesetzt wurde. Ein sorgfältig recherchiertes Buch, das wichtige Hintergrundinformationen liefert und über politische Verwicklungen aufklärt, urteilt der Kritiker.
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Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 11.06.2016

Der Mythos von der profunden Erneuerung der deutschen Literatur nach dem Zweiten Weltkrieg lässt sich nach der Lektüre von Christian Adams Studie nur schwer aufrechterhalten, meint Klaus Hillenbrand. Dafür sind die Kontinuitäten in Ost und West, die der Autor anhand einer sorgfältigen Analyse von Bestsellerlisten und Literaturpreisvergaben freigelegt hat, doch zu erdrückend: Nicht etwa Grass und Anne Frank wurden bemerkenswert lange Zeit am meisten verkauft, sondern Autoren, die schon im "Dritten Reich" erfolgreich waren oder gleich mit dem Nazi-System verstrickt waren, notiert der Rezensent. Auch im Verlagswesen reüssierte mancher Alt-Nazi, während die Literaturpreise in nicht unwesentlicher Zahl an "systemnahe Autoren" vergeben wurden. Depressiv wird der Kritiker bei der Lektüre dennoch nicht, handelt es sich bei dieser Studie doch um "eine notwendige, spannend geschriebene Korrektur".

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 10.06.2016

Reinhard Wittmann zieht das Fazit aus Christian Adams sorgfältiger Recherchearbeit: Die vermeintlich ideologiefreie und unterhaltsame Massenliteratur in Deutschland hat vom Kaiserreich bis zur Adenauerzeit Kontinuität. Adams Buch findet der Rezensent angenehm zu lesen, auch ohne straffe Struktur. Es bietet Wittmann Details zu Autoren und Büchern und Skandalen der Nachkriegszeit und arbeitet mit einer Menge Senkundärliteratur und Archivmaterial. Wenn Adam die Neuordnung der Bücherwelt nach '45 untersucht, schließt er damit laut Rezensent an sein Buch "Lesen unter Hitler" an. Neugierig wird Wittmann, wenn der Autor einstige Bucherfolge von Annemarie Selinko, Hans Hellmut Kirst und Margaret Mitchell systemtisch ordnet. Und auch wenn die Titelauswahl subjektiv bleiben muss und Adams Kriterien im Dunkeln bleiben, anerkennt Wittmann doch die angemessenen Befassung mit der Entwicklung in der Sowjetzone und der DDR oder Adams Suche nach antisemitischen Spuren in der Nachkriegsliteratur.
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Rezensionsnotiz zu Die Welt, 02.04.2016

Für den Rezensenten Marc Reichwein ist Christian Adam genau der richtige Autor für eine Studie über die populärsten Bücher der deutschen Nachkriegszeit, "den Bereich der Bestseller und des Massenmarkts, den des Sachbuchs wie den des Heftromans". Schließlich spinne Adam damit die Literaturgeschichte weiter, die er mit seinem Buch "Lesen unter Hitler" 2010 begonnen habe. Nicht nur die Werke und Verlagsgründer der Nachkriegszeit nehme Adam nun in den Blick, sondern auch die Umstände, unter denen Bücher publiziert wurden, lobt Reichwein. Dadurch werde deutlich, dass der Buchmarkt der jungen Bundesrepublik vieles fortgesetzt habe, was im Dritten Reich begonnen wurde. Der heute zu S. Fischer gehörende Krüger-Verlag etwa habe direkt an die Nazi-Zeit angeknüpft, wie Reichwein mit Verweis auf Adams Studie anmerkt. Diese "veritable Literaturgeschichte von unten" hat der Rezensent ganz offensichtlich mit Gewinn gelesen.