Annette Leo

Erwin Strittmatter

Die Biografie
Cover: Erwin Strittmatter
Aufbau Verlag, Berlin 2012
ISBN 9783351033958
Gebunden, 448 Seiten, 24,99 EUR

Klappentext

Erwin Strittmatter wurde 1912 im Kaiserreich geboren, er starb 1994 im vereinigten Deutschland. Dazwischen erlebte er zwei Weltkriege, zwei Revolutionen, die Weimarer Republik, das Dritte Reich und die DDR. Ein Jahrhundertleben, das geprägt war von historischen Brüchen, Katastrophen und Zwängen, eine Erfolgsgeschichte als Autor, die nach dem Untergang der DDR noch wuchs. Annette Leo nähert sich Strittmatters Biographie mit Hilfe von Briefen, Tagebüchern, Erinnerungen von Zeitzeugen und Dokumenten, die zum großen Teil aus Strittmatters Privatarchiv stammen. Sie rekonstruiert das bisher verschwiegene Kapitel seiner Mitgliedschaft in einer Polizeiformation während des Krieges und fragt nach seinem Platz als Schriftsteller und Verbandsfunktionär in den politischen Konflikten der DDR. So entsteht nicht zuletzt auch ein lebendiges Charakterbild des höchst komplizierten und widersprüchlichen Autors.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 14.08.2012

Licht ins Dunkel von Erwin Strittmatters Kriegsjahren bringt die Biografie von Annette Leo. Sebastian Kleinschmidt immerhin sieht das so, und er stellt fest: Strittmatter war kein SS-Mann. Darüber hinaus bietet ihm das, wie er findet, gut recherchierte Buch neue Dokumente, Zeitzeugenberichte und ein Abwägen des Verhältnisses von Dichtung und Wahrheit in Strittmatters Texten. Durchweg imponiert ihm das Anliegen der Biografin, dem Autor, seinem Leben und Werk Gerechtigkeit widerfahren zu lassen. Dass Leo als Historikerin vor allem auch die politischen Aspekte dieser Biografie beleuchtet, findet er nur billig. Allerdings hätte er sich ein etwas schärferes ästhetisch-philosophisches Porträt gewünscht. Auf die Art, lässt er uns wissen, wären auch Leos ins Auge fallende Unmutsbekundungen über den Jähzorn des Privatmannes Strittmatter leichter erträglich gewesen.
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Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 14.08.2012

Vor allem auf die "Lebenslüge" zur Beteiligung an Militäraktionen und Kriegsverbrechen als Mitglied des "SS-Polizei-Gebirgsjägerregiments" im Zweiten Weltkrieg konzentriert sich die Biografie Erwin Strittmatters der Historikerin Annette Leo, stellt Jörg Magenau fest. Das sind zwar keine völlig neuen Tatsachen, betont der Rezensent, sie werden aber mit bislang unbekannten Dokumenten weiter ausgeleuchtet. Strittmatters Leben und Wirken nach 1945 als DDR-Schriftsteller findet dafür weniger Interesse, wie Magenau konstatiert und hier spürt man durchaus Bedauern auf Seiten des Rezensenten. Für ihn kann die Deutung eines Lebens aus einem Punkt der Vergangenheit ohnehin nicht die ganze Wahrheit sein, wie er deutlich macht und er hat, ebenso wie die Söhne Strittmatters, wenig Zweifel daran, dass das Werk die historischen Erkenntnisse über das Leben ihres Autors überstehen wird.
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Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 28.07.2012

Lobend äußert sich Anja Maier zu Annette Leos Biografie über Erwin Strittmatter, die nun zum hundertsten Geburtstag des Schriftstellers erschienen ist. Sie hebt in ihrer Besprechung des "sehr lesenswerten" Werks vor allem einen Aspekt hervor, den die Historikerin herausgearbeitet hat: Strittmatters braune Vergangenheit, über die bislang kaum etwas bekannt war. Auf Grundlage der lange geheim gehaltenen Kriegsbriefe Strittmatters macht die Autorin für sie deutlich, dass der in der DDR als Antifaschist geltende Schriftsteller während der Nazizeit einem der SS unterstellten Polizeibataillon angehörte, das in Slowenien Kriegsverbrechen begangen hat, und dass er vergeblich versuchte, Mitglied der Waffen-SS zu werden. Dass Strittmatter nach dem Zweiten Weltkrieg seine Biografie schönfärbte, um in der DDR als Großschriftsteller gefeiert zu werden, muss für den Moralisten, der er auch war, die "Höchststrafe" gewesen sein, mutmaßt die Rezensentin. Leid tut ihr der Autor aber trotzdem nicht.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 21.07.2012

Rezensentin Cornelia Geissler führt ausführlich durch diese neue Biografie des in der DDR sehr populären Autors, für die die Biografin Annette Leo Einblick in zahlreiche neue Quellen, darunter hinterlassene Korrespondenz und Tagebücher des 1994 verstorbenen Schriftstellers, nehmen konnte. Insbesondere auch die späteren Vorwürfe, Strittmatter sei als Mitglied einer der SS unterstellten Ordnungspolizei am 2. Weltkrieg beteiligt und später in der DDR mit der Stasi verbandelt gewesen, erhalten durch die neue Quellenlage im ersteren Fall deutlich mehr, im zweiteren deutlich weniger Gewicht, schließt die Rezensentin aus der Lektüre des von der Autorin auch insgesamt sehr persönlich eingefärbten Buchs. Erhellend findet Geissler dieses daher auch dann, wenn man mit dem Autor wenig bis gar nicht vertraut ist: In Strittmatters widersprüchlicher Lebensgeschichte zeigt sich, insbesondere auch im Kontrast zu vergleichbaren Großschriftstellern im deutschsprachigen Raum, ein "deutscher Lebensweg", wie ihn das 20. Jahrhundert zwar anbot, aber auch nicht alternativlos aufzwang.