Aktuell laufen wieder einige Klassiker des mexikanischen Surrealisten
Alejandro Jodorowksy als Wiederaufführung in den
deutschen Kinos. Gut passt dazu ein (nur gegen kostenfreie Registrierung zugängliches)
Gespräch, das Erik Morse kürzlich für
Frieze mit dem Filmemacher, Comicautor, Schriftsteller, Theaterregisseur und selbsternannten Psychomagier geführt hat. Seiner Natur gemäß übt sich der Meister auch hier in Gesten der
Bescheidenheit, so etwa auf die Frage, warum sich die moderne Welt schwer tut mit
Renaissancemenschen wie ihm, die in allen Künsten zuhause sind: "Kunst bedeutet unter keinen Umständen eine einzelne 'künstlerische Karriere'. Ein großer Künstler nutzt keine 'Disziplinstrukturen'. Ein echter Künstler scheißt auf die Idee, ein 'Renaissancemensch' zu sein. Wenn Deine Eier gerade einmal so groß wie Walnüsse sind, dann kannst Du nur einem Hasen hinterherjagen. Wenn Du aber, so wie ich,
drei oder vier Eier von Melonengröße hast, dann jagst Du 30 Hasen gleichzeitig hinterher und erlegst sie auch. Ich war meiner Zeit um 30 Jahre voraus. Im 20. Jahrhundert ordnete sich ein Künstler sklavisch den Rubriken unter. Ein 'Maler' konnte kein 'Schriftsteller', 'Tänzer' oder 'Schamane' sein. Im 21. Jahrhundert liegt die Sache anders. Früher war ein Telefon ein Telefon. Heutzutage ist das, was früher nur ein Telefon war, ein Gerät, dass Fotos schießt, Musik abspielt, Textnachrichten verschickt, das Wetter kennt und bei der Orientierung behilflich ist. Bald wird es auch ein Vibrator sein und giftige Pfeile werfen können. Warum also sollte da nicht auch ein Künstler
endlos viele Dinge sein können?" Wobei wir sanft bezweifeln, dass Eier in solcher Zahl und Größe bei der Hasenjagd helfen.