Zeruya Shalev

Für den Rest des Lebens

Roman
Cover: Für den Rest des Lebens
Berlin Verlag, Berlin 2012
ISBN 9783827009890
Gebunden, 500 Seiten, 22,90 EUR

Klappentext

Aus dem Hebräischen von Mirjam Pressler. Chemda Horovitz liegt in ihrem Bett und blickt mit schwindendem Bewusstsein auf ihr Leben zurück. Sie denkt an ihre Kindheit im Kibbuz, an ihre Ehe und ihre zwei Kinder, von denen sie eines zu sehr und das andere zu wenig liebte. Ihr geliebter Sohn Avner ist zu einem Mann herangewachsen, dessen Erfolg als Anwalt ihn nicht von seiner tiefen Verbitterung erlösen kann. Er verfällt einer geheimnisvollen Frau, die seine Liebe nicht erwidert. Chemdas Tochter schenkt alle Liebe und Aufmerksamkeit ihrer Tochter. Als diese sich immer weiter von ihr entfernt, entsteht in ihr das mächtige Verlangen, ein Kind zu adoptieren und noch einmal von vorne zu beginnen. Doch der Widerstand ihrer Familie treibt sie in eine Sackgasse. Sie kann den Traum nicht überwinden, der das zu sprengen droht, was er eigentlich retten soll: ihre Familie.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 19.04.2012

Carsten Hueck hat die gerade durch Europa lesereisende Zeruya Shalev getroffen und ist sehr beeindruckt von der Person, aber von ihrem neuen Roman, der die Geschichte und die Gegenwart ihres Landes anhand von vier Generationen vor Augen führt. Die israelische Autorin beschreibt aus vier Perspektiven, wie sich die radikale Aufbruchstimmung der Gründergeneration auf die nachfolgenden Generationen ausgewirkt hat, und es gelingt ihr mit individuellen Biografien das Porträt einer ganzen Gesellschaft darzustellen, so Hueck eingenommen. Wenn sich am Ende allerdings die Geschicke der je individuell leidenden Hauptfiguren allesamt ins Positive wenden, dann beschleicht den Rezensenten der Verdacht, der dreiundfünfzigjährigen Autorin sei die "Kraft" ausgegangen, weiterhin das Gefühlsdurcheinander ihrer Protagonisten zu ertragen.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 11.02.2012

Die Lektüre von Zeruya Shalevs neuem Roman "Für den Rest des Lebens" lässt Rezensentin Meike Fessmann mit gemischten Gefühlen zurück. Die Kraft ihrer Sprache und die Gabe, familiäre Konflikte so darzustellen, dass sie feste Überzeugungen ins Wanken geraten lässt, erkennt die Kritikerin auch in diesem Roman wieder. Fessmann ist in ihrem Verständnis hin- und hergerissen zwischen der 46-jährigen Dina, die sich mit dem Beginn ihrer Wechseljahre aus Sehnsucht nach Liebe und Zuneigung entscheidet, ein Kind zu adoptieren und ihrem Mann, der nach dem Auszug der erwachsenen Tochter die Freiheit und Zweisamkeit mit seiner Frau genießen möchte. Dass Shalev die Motive ihrer Protagonistin aber noch durch eine weit verzweigte Familiengeschichte überhöht, die sich von Dinas Mutter Chemda, die auf dem Sterbebett ihre lieblose Erziehung durch den Mangel an Liebe ihrer eigenen Mutter, einer Anhängerin der ersten Kibbuz-Generation, rechtfertigt, bis zu Dinas Bruder, einem Anwalt für Menschenrechte, der sich auf der Flucht vor den politischen Konflikten in Israel auf die Suche nach Liebe begibt, ausweitet, ist der Rezensentin eindeutig zu viel des Guten.
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Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 09.02.2012

Eigentlich ist Ursula März ein großer Fan der israelischen Autorin Zeruya Shalev, die für ihre Liebesdramen eine geradezu "vulkanische" Erzählform entwickelt habe. Doch in ihrem neuesten Roman "Für den Rest des Lebens" zündet diese Hochdruck-Literatur in den Augen der Rezensentin nicht. Als Schuldige hierfür macht März Systematik aus, mit der Shalev einen "heiklen Pakt" eingegangen sei. Shalev erzählt von zwei Geschwistern, die trotz gegensätzlicher Voraussetzung der gleichen hilflosen Liebe zu einem Phantommenschen hinterherjagen. Auf "mathematisch eindeutige Ödipalverhältnisse" erkennt März hier und sieht mit Entsetzen, dass - wenn überhaupt - die Lava nach einem "kontrollierten" Ausbruch in ordentlich ausgehobene Bahnen fließt.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 28.01.2012

Wie hart die Erziehung in einem israelischen Kibbuz sein kann, hat Rezensentin Ingeborg Harms in Zeruya Shalevs neuem Roman "Für den Rest des Lebens" erfahren. Über vier Generationen hinweg entfalte die Autorin ein Panorama seelischer Störungen, in deren Mittelpunkt die 46-jährige Dina stehe, die sich nach dem Auszug ihrer erwachsenen Tochter ganz ihrem egoistischen Vorhaben widme, aus enttäuschter Liebe ein "neues" Kind zu adoptieren. Genau wie ihr Bruder Avner sucht sie die Schuld für ihr kaputtes Leben bei ihrer todkranken Mutter Chemda, die wiederum auf dem Sterbebett mit ihrer Mutter, der Gründerin eines polnischen Kibbuz-Vorbereitungscamps, abrechnet. In Shalevs "bedeutendem" Roman hat die Rezensentin nicht nur viel von Projektionen, seelischem Masochismus und emotionalem Drama gelesen, sondern auch einiges über die Geschichte Israels erfahren.
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