William T. Vollmann

Arme Leute

Reportagen
Cover: Arme Leute
Suhrkamp Verlag, Berlin 2018
ISBN 9783518073612
Kartoniert, 448 Seiten, 22,00 EUR

Klappentext

Aus dem Englischen von Robin Detje. Dieser große Reportage-Essay dokumentiert William T. Vollmanns Begegnungen mit armen Menschen - von Kambodscha bis Afghanistan, von Japan bis in den Kongo, von Irland bis in den Jemen. Der Autor ist ein Insektenforscher unter den Menschenjägern, macht aus Zufallsbegegnungen ein Forschungsprojekt, stellt bohrende Fragen, wägt ab, bewertet. Er baut aus einem Kaleidoskop mikroskopisch genauer Betrachtungen seine ganz eigene Theorie der Armut,  illustriert mit seinen eigenen Fotos.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 06.10.2018

Alexander Menden merkt an, dass das Original von William T. Vollmanns Buch bereits 2007, also vor der Finanzkrise erschien. Das vom Autor in seinen Reportagen und Fotografien aus Thailand, Mexiko, Afghanistan, Kolumbien, Russland, Kenia, China und Japan in bewusst subjektiver und fragender Weise angegangene Problem der Armut, meint Menden, hat sich seitdem noch verschärft. Wenn der Autor persönliche Erfahrungen statt Statistiken und Theorien sprechen lässt und keine moralischen Urteile fällt, gefällt das Menden prinzipiell, auch wenn etwas mehr Struktur dem Buch mit seiner Materialmenge seiner Meinung nach gut getan hätte. Die dokumentarische Distanz im Buch durchschaut der Rezensent als Schein.
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Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 03.08.2018

Rezensentin Angela Schader hat sich von dem amerikanischen Schrifsteller und Journalisten William T. Vollmann gern in einen "Steinbruch stoßen" lassen. Genauso "rau, ungeschliffen", bisweilen auch unentschieden erscheinen ihr die hier versammelten Reportagen, für die Vollmann quer durch die Welt reiste, um Menschen auf dem ganzen Globus in Nahaufnahme, aber ohne Sentimentalitäten zu ihrem Leben in Armut zu befragen. Wenn der Autor mit einer alleinerziehenden Reinigungskraft in Thailand spricht, die ihren Kummer im Alkohol ertränkt, in Japan auf "Großer Berg" und "kleiner Berg" trifft, die vor kurzem noch "Salarymen", nun auf der Straße leben oder im kasachischen  Sarykamy erlebt, wie die Bewohner an den Emissionen der nahen Erdölraffinierie elendig sterben, lernt die Kritikerin: Armut ist mehr Erfahrung denn "ökonomisch bezifferbarer Zustand". Wenn Vollmann verschiedene Erscheinungen von Armutserfahrungen, etwa Abhängigkeit, Entfremdung oder Schmerz, in Unterkapiteln zu fassen versucht, gerät das Schader zwar zu wenig konkret. Zahlreiche Denkanregungen verdankt sie diesem, wie sie findet, "klugen" Buch aber in jedem Fall.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 16.07.2018

Rezensentin Eva Behrendt schätzt die Methodik in den "Reportage-Essays" von William T. Vollmann. Wie sich der Autor, gestützt auf ein mit abgedrucktes Bildgedächtnis, der unsichtbaren Grenze zwischen Arm und Reich und der erdrückenden Ungleichheit nähert, ergibt laut Behrendt eine "tastende Ethik". Weil der Autor sein Tun und Lassen stets mit reflektiert, sind Vollmanns präzise Beschreibungen prekärer Lebensverhältnisse überall auf der Welt keine Elendspornografie, versichert die Rezensentin. Der Vergleich der Einzelfälle ergibt für Behrendt durchaus ein Muster der Bedingungen für Armut, doch spannender findet sie Vollmanns Methode der Materialbeschaffung für sein Projekt, das Sichaussetzen des Autors in Begegnungen und (mitunter teuer erkauften) Befragungen.