Will Self

Regenschirm

Roman
Cover: Regenschirm
Hoffmann und Campe Verlag, Hamburg 2014
ISBN 9783455404623
Gebunden, 496 Seiten, 24,99 EUR

Klappentext

Aus dem Englischen von Gregor Hens. 1918: Audrey Death, Feministin, Sozialistin und Arbeiterin in einer Londoner Munitionsfabrik, fällt der Europäischen Schlafkrankheit zum Opfer, eine Epidemie, die sich in ganz Europa ausbreitete, ein Drittel seiner Opfer tötete und ein zweites Drittel in die Irrenhäuser jener Zeit verbannte. 1971: Zachary Busner, Psychiater, entdeckt bei seinem Antrittsbesuch im Friern Mental Hospital eine ältere Frau, die dort seit 49 Jahren vor sich hin dämmert, kann ihre Krankheit richtig behandeln und holt sie ins Leben zurück - mit ungeahnten Folgen. Audreys Erinnerungen an eine untergegangene Welt, ihre Familie, die sie vergaß, ihre Liebhaber und ihr Engagement für die Sozialisten verwebt Will Self mit Busners Versuchen, Licht in ihre verschattete Welt zu bringen, und mit den Erinnerungen, die der Jahrzehnte später pensionierte Psychiater hat an jene Zeit und seine Patientin, die er in ein Leben zurückgeholt hat, das nicht mehr ihres werden konnte.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 01.07.2014

Das barock Ausschweifende in den Texten von Will Self hat Angela Schader zu fürchten gelernt. Nun aber, in diesem bereits 2012 erschienenen neuen Roman des Autors kann Schader aufatmen. Self, versichert sie, ist hier in der Lage, den Leser zu fordern, nicht nur zu provozieren, und seine sprachlichen Mittel stehen im Dienst von Themen und Personal. Was bedeutet, dass sich Schader abrupte Perspektiv- und Epochenwechsel, literarische Zitate, hakenschlagende Erinnerungen, Liedzeilen, Floskeln, Slogans sinnvoll erschließen. Etwa wenn sie in den prägnanten Kriegsszenen im Buch Bezüge zu "The Time Machine" erkennt, Referenzen zu Oliver Sacks und seiner Arbeit oder die drei Zeitebenen des Textes zu unterscheiden weiß. Überflüssiges enthält der Roman laut Schader kaum; für sie stellt er ein "faszinierendes" Stück Literatur dar.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 18.06.2014

Tod des Romans - von wegen, freut sich Ulrich Baron, der Will Selfs neuen Roman mit seinen vielen verschiedenen Idiomen, Zeiten und Perspektiven, mit seiner überwältigenden Polyphonie umarmt. Nicht nur, weil Self damit ein kraftvolles Jahrhundertpanorama Londons zwischen Jugend um Neunzehnhundert, Frauenbewegung, Sozialismus, Arm und Reich und einer rasenden Urbanisierung erschafft. Baron erkennt Beckettsche Qualitäten, erinnert sich an die Vorlage, Oliver Sacks "Hallucinations" und merkt plötzlich, dass dieses Buch viel ist, so viel, wie es Leser gibt, meint er.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 05.06.2014

Für Friedemann Bieber ist dieser Roman von Will Self eine sprachliche Explosion. Wie der Autor Oliver Sacks Bericht über die Schlafkranken mit der Geschichte einer englischen Suffragette und der eines Psychiaters verbindet, scheint ihm so irrwitzig wild wie aufregend. Ein bisschen mühsam ist die Lektüre schon, gibt Bieber zu. Doch wenn sich der Leser erst eingelesen hat in fliegende Perspektivwechsel, Interpunktionslosigkeit, Riesenabsätze und allerhand Kursives und Assoziatives, so verspricht der Rezensent, dann trifft er auf ein sprachlich überwältigendes und inhaltlich überzeugendes Plädoyer für eine humane Psychiatrie.
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