Wilhelm Hemecker (Hg.), Mirjana Stancic (Hg.)

Ein treuer Ketzer

Manès Sperber - der Schriftsteller als Ideologe
Cover: Ein treuer Ketzer
Zsolnay Verlag, Wien 2000
ISBN 9783552049895
Taschenbuch, 141 Seiten, 12,27 EUR

Klappentext

Begeistert hatte sich der aus dem chassidischen Milieu eines galizischen Schtetls stammende und in Wien aufgewachsene Manès Sperber der kommunistischen Bewegung angeschlossen; bestürzt und entsetzt wandte er sich 1937 von ihr ab. Sein gesamtes Werk, von der Romantrilogie Wie eine Träne im Ozean bis zu den Essays und der dreiteiligen Autobiographie, steht im Zeichen dieser Auseinandersetzung mit der kommunistischen Ideologie. Der Philosoph und Schriftsteller wurde so für die einen zum »militanten Moralisten« (Marcel Reich-Ranicki) und für die anderen zum kalten Krieger und »Kommunistenfresser«. Band sechs der Profile widmet sich der Auseinandersetzung um einen Autor, der als Schriftsteller und Ideologe zwischen der altösterreichischen, der deutschsprachigen und der französischen Kultur des 20. Jahrhunderts steht.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 16.02.2001

Egon Schwarz scheint dieser Band durchaus zu gefallen, zumal er der Ansicht ist, dass man hier in so mancher Hinsicht mehr über Sperber erfahren könne als in einer Biografie. Besonders betrifft dies die "weltanschaulichen Wandlungen" Sperbers, etwa seine Hinwendung zu Freud und spätere Abkehr von ihm (ähnliches gilt für Alfred Adler) oder auch sein aufkommendes Interesse für den Kommunismus, von dem er sich später jedoch ebenfalls wieder abwandte. "Besonders spannend" findet Schwarz dabei, dass deutlich wird, wie lange diese Prozesse der Ablösung angedauert haben und dass sie keinesfalls eine Augenblicksentscheidung waren. Insgesamt hebt der Rezensent zahlreiche Beiträge des Bandes als lesenswert hervor. So etwa den Text über die Kontroverse anlässlich des Friedenspreises des deutschen Buchhandels, den Sperber erhielt, obwohl er die Stationierung amerikanischer Raketen in Deutschland verteidigte. Dieser Text besticht nach Schwarz wie viele andere dieses Bandes besonders durch seine "Genauigkeit und Klarheit".
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Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 01.11.2000

Über die Stärken und Schwächen dieses Bandes erfährt der Leser in der Rezension von Christiane Zintzen fast nichts. Stattdessen liest sich der Text vor allem wie eine Kurzbiografie zu Sperber, der - wie sie andeutet - mehrfach mit dem Problem zu kämpfen hatte, "Lob von der falschen Seite" bekommen zu haben. In diesem Zusammenhang äußert sie die Ansicht, dass in den "archivalisch tief geschürften `Profilen` mehr produktive Fragen" aufgeworfen als beantwortet werden. Ist das jetzt ein Lob? Jedenfalls erfährt der Leser auch noch, dass "mit Sperbers Spuren die komplexen Fährten wendungsreicher Zeitgeschichten aufzunehmen sind". Ob man sich als Leser durch solche Formulierungen zum Fährtenlesen ermuntert fühlt, ist allerdings eine weitere Frage, die offen bleibt.