Ulrich Peltzer

Teil der Lösung

Roman
Cover: Teil der Lösung
Ammann Verlag, Zürich 2007
ISBN 9783250601135
Gebunden, 350 Seiten, 19,90 EUR

Klappentext

Christian schlägt sich als freier Journalist mit Gelegenheitsaufträgen durch und ist Teil eines akademischen Proletariats, wie es in Berlin ganze Stadtviertel besiedelt. Selbst Mitte dreißig, hat er die Zeit des bewaffneten Widerstands gegen die Staatsmacht nur noch als Echo miterlebt. Vielleicht sucht er gerade deshalb für eine längst fällige Story Kontakt zu untergetauchten Ehemaligen der Roten Brigaden. In Paris soll ein wichtiger Informant anzutreffen und bereit zum Reden sein.
Zunächst aber trifft Christian auf Nele bzw. sie trifft ihn, mit dem Ellenbogen ins Kreuz in der Tür eines Klubs. Die hochbegabte Studentin bewegt sich, von einer geheimnisvollen Wut getrieben, durch den Jahrhundertsommer 2003. Was mit ein paar Zufallsbegegnungen eher harmlos beginnt, entwickelt sich zu einer heftigen und verqueren Anziehung, deren Ausgangspunkt im neuen Berlin liegt und die ihren Show-down in den Arabervierteln von Paris erlebt.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 22.12.2007

Ja, so muss ein deutscher Gegenwartsroman aussehen. So oder ähnlich ließe sich Andreas Platthaus ziemlich überschwängliche Kritik von Ulrich Peltzers jüngstem Werk resümieren. Immer dran an den Berliner Realitäten, den geografischen wie aber erst recht den atmosphärischen. An den Zuständen des deutschen Kulturprekariats, aber auch am Milieu des linken Politaktivismus beziehungsweise -extremismus interessiert. Daneben aber willens und in der Lage, das Politische mit der Liebesgeschichte zwischen dem Journalisten Christian und der Studentin Nele zu überblenden. Zugleich von draußen draufzuschauen und innerste Beweggründe zu liefern: all das gelinge Peltzer hier, dessen bisheriges Werk Platthaus nebenbei auch Revue passieren lässt. Peltzer, schließt die Rezension euphorisch, hat die Lösung für die Probleme literarischer Gegenwartsdarstellung - nämlich "Stil".
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Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 31.10.2007

Beglückt, fasziniert und überrascht ist Jochen Jung von Ulrich Peltzers Roman "Teil der Lösung" und schon die Anfangsszene lässt ihn in haltloses Jubeln ausbrechen. Politische Aktivisten versuchen im Sony-Center in Clowns-Masken den Überwachungsstaat zu demaskieren, und diese Szene wird dem Leser in Überwachungskamera-Bildern auf den Monitoren der Polizei vorgestellt, erklärt der Rezensent, der schon von diesem Erzähltrick in den höchsten Tönen schwärmt. Peltzer liefert in seinem politischen Roman, in dessen Zentrum die Liebesgeschichte zwischen der Aktivistin Nele und dem die Geschichte der Roten Brigaden recherchierenden Schriftsteller Christian steht, eine beeindruckende Zeit-Diagnose, in der Freunde und Feinde nicht mehr leicht auszumachen sind, stellt Jung fest. Er preist die präzise Figurenzeichnung, die zugleich typisch und komplex wirken, und bewundert auch die äußerst aufmerksamen Beobachtungen des Autors. Peltzer hat nicht weniger als die undurchsichtige "Lebenswirklichkeit" unserer Zeit festgehalten, so der Rezensent begeistert, der es nebenbei sehr bezeichnend findet, dass dieses vielschichtige und anspruchsvolle Buch nicht mal einen Platz auf der Longlist des deutschen Buchpreises erhalten hat.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 10.10.2007

In höchsten Tönen lobt Rezensentin Katrin Hillgruber Ulrich Peltzers neuen Roman, mit dem er ihren Informationen zufolge mitten hinein ins planlose akademische Prekariat der Mitt- und Enddreißiger leuchtet und dabei auch noch eine ebenso präzise wie tiefenscharfen Zeitroman abgeliefert hat. Als Protagonisten stellt die Rezensentin einen "unbehausten" Kulturjournalisten Ende Dreißig namens Christian vor, der sich in eine Dreiundzwanzigjährige verliebt. Mit großem intellektuellem Vergnügen folgt die Rezensentin dem Paar durch das utopielose Berlin von heute und seine undurchsichtig gewordenen Kommunikationsstrukturen. Sie freut sich an Peltzers "Erzählkamera" und ihren Mikroeinstellungen auf etablierte Altlinke und anarchistische Gegenwartsverweigerer. Und daran, dass dieser einst Westberliner Autor sich "sein rasanten Veränderungen unterworfenes Erzählgelände" zurückerobert hat. Lediglich Peltzers Totalen findet sie manchmal etwas unscharf geraten.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 10.10.2007

Ein Berliner Stadtporträt, eine Liebesgeschichte und einen Thesenroman, der allerdings eine These eher zu suchen als fertig zu präsentieren scheint, hat Christoph Schröder in Ulrich Peltzers "Teil der Lösung gefunden". Mit dieser Vielgestaltigkeit kommt Peltzers Roman offensichtlich gut zurecht, denn kritische Töne findet man in Schröders Rezension nicht. In einer gekonnten Zusammenschaltung von Perspektiven und einer die Spannung tragenden Dramaturgie der schnellen Schnitte, lobt der Rezensent, präsentiere Peltzer die Geschichte des Berliner Journalisten und Angehörigen des akademischen Prekariats Christian, der bei der Recherche über die italienischen Roten Brigaden der siebziger Jahre auf eine junge Studentin trifft, deren Wut über die Verhältnisse sie immer stärker in die Radikalität treibt. Zwischen beiden entwickelt sich, erfahren wir weiter, unter den Augen des bereits wachsamen Verfassungsschutzes, eine Liebesgeschichte. Die große Stärke des Romans sieht der Rezensent darin, dass er sich der thesenhaften Eindeutigkeit verweigert. Statt die im Titel - einem abgewandelten Zitat des RAF-Terroristen Holger Meins - suggerierte Lösung zu präsentieren, stelle Peltzer vielmehr die Frage nach der Möglichkeit einer solch radikalen Lösung dar.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 15.09.2007

Dies ist ein Gegenwartsroman im emphatischsten Sinne, preist der Rezensent Helmut Böttiger dieses jüngste Werk von Ulrich Peltzer. Nicht in der Art der Popliteratur freilich mit ihrem Hang zur Oberflächenästhetik. Näher ist das ganze schon an den Mitteln des Kinos, mit den "schnellen Schnitten" und seinen dem "Kameraschwenk" ähnlichen Erzähltechniken. Einen Plot gibt es freilich auch, der sich in der Nähe der Kriminalliteratur bewegt und für beträchtliche Spannung sorgt. Im Zentrum steht der "postakademische" Intellektuelle Christian, der in Kreuzberg lebt und sich mit Filmkritiken und Tagesschreiberei durchschlägt. Ein Projekt schwebt ihm vor, darin geht es um Ex-Terroristen der Roten Brigaden in Paris. Christian verliebt sich in die deutlich jüngere Nele, die sich mit Gilles Deleuze auskennt und zu einer aktivistischen Gruppe in Kreuzberg gehört. Die Liebesgeschichte zwischen den beiden gehört, findet Böttiger, "zu den besten, die in den letzten Jahren auf Deutsch geschrieben worden sind". Wie er überhaupt das ganze für einen "großen Zeitroman" hält.
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Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 11.09.2007

"An diesem Roman ist vieles beeindruckend", schwärmt Rezensent Martin Zingg nach der Lektüre von Ulrich Peltzers "Teil der Lösung". Nicht nur, dass der Autor hier eine "berührende Liebesgeschichte" aus einem Sommer in Berlin erzählt, in der sein 40-jähriger Protagonist und Möchtegern-Autor Christian Eich um die Gunst der jungen Studentin Nele wirbt. Auch als Gesellschaftsroman lasse sich dieses Buch lesen. So mache der Autor hier zugleich auf die Missstände einer Gesellschaft aufmerksam, die sich einer zunehmenden Überwachung und Kontrolle durch Videokameras und sonstige Aufnahmegeräte gegenübersieht. Ob Eich, der sich für die Roten Brigaden interessiert, oder Nele, die sich als Anhängerin einer kleinen radikalen Aktionsgruppe entpuppt: Beide stehen für die nunmehr vergebliche Suche nach Freiräumen, für die Unmöglichkeit des Entkommens. Auch dass Peltzer es vermag, dies sprachlich umzusetzen, begeistert den Rezensenten: "Blitzschnell, oft in harten Schnitten" wechsle der Autor immer wieder die Erzählrichtung, was insgesamt ein "reichhaltiges, flackerndes Panorama der Gesellschaft" entstehen lässt.
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