Christina Viragh

Im April

Roman
Cover: Im April
Ammann Verlag, Zürich 2006
ISBN 9783250600947
Gebunden, 280 Seiten, 19,90 EUR

Klappentext

Auf derselben Wiese, auf der im 15. Jahrhundert Holzstangen den Ort verschiedener Untaten markieren, steht heute, am Anfang des 21. Jahrhunderts, das Mietshaus, in dem Heinz und Selena die kühle Endphase ihrer Beziehung erleben. In den Zwanzigerjahren befindet sich auf der Wiese das Bauernhaus der Familie Schacher, aus dem der junge Schacher davonläuft und mit Bruns Ein-Mann-Variete auf Wanderschaft geht. In den Sechzigerjahren wohnen die neunjährige Mari und ihr Vater in dem Mietshaus, auch sie ein seltsames Paar: Mari ist in ständiger Angst vor Krieg und Geheimpolizei, aber auch vor der neugierigen Nachbarin, und Vater Ferenc faßt im neuen Land nicht Fuß. Auf vier Zeitebenen über sechs Jahrhunderte hinweg zeichnet "Im April" die Geschichte ein und desselben Ortes und seiner einander ablösenden Bewohner nach. Durch alle Zeiten hindurch läßt der Ort sein grundlegendes Geheimnis spüren.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 19.07.2007

Eine faszinierende Lektüre sieht Sandra Kerschbaumer in Christina Viraghs Roman um eine geheimnisvolle Wiese, die die Anwohner in merkwürdige Angstzustände versetzt. Die an einem Aprilabend des Jahres 1415, in den zwanziger und sechziger Jahren des 20. Jahrunderts und am Anfang dieses Jahrhunderts spielenden Geschichten um Anwohner dieses seltsamen Orts sind ihres Erachtens reizvoll montiert und miteinander in Beziehung gesetzt. Auch scheinen ihr die verschiedenen Zeiten historisch sehr genau gezeichnet. Sie bescheinigt der Autorin zudem, die "Einsicht in die Perspektivität aller Erkenntnis" raffiniert umzusetzen. Darüber hinaus gelingt es Viragh in ihren Augen, über Träume, Assoziationsketten und Selbstgespräche Einblicke in das Seelenleben der Anwohner zu geben, wobei offen bleibt, was sie an der Wiese eigentlich fürchten.
Lesen Sie die Rezension bei buecher.de

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 16.04.2007

Christina Viraghs Roman "Im April" spielt über 600 Jahre hinweg auf einer Schweizer Wiese, genannt die "Matte", erklärt Jörg Magenau. Während die in Ungarn geborene und in Luzern aufgewachsene Autorin im ersten Teil des Buches in schnellen Sprüngen zwischen den verschiedenen Zeitebenen hin und her springe, erzähle sie im mittleren Teil konzentrierter von Einzelschicksalen, wie der Familie Schacher in den Zwanziger Jahren oder dem aus Ungarn geflüchteten Ferenc und seiner Tochter Marie. Der dritte Teil schließlich berichte wieder in Bruchstücken quer durch Epochen und Schicksale, so Magenau, der verwundert ist, dass sich trotz der sprunghaften Schilderungen so etwas wie "Ruhe" in der Erzählweise einstellt. Als ruhenden Pol macht er die auktoriale Erzählerinstanz aus, die alle Begebenheiten mit der gleichen Aufmerksamkeit und Gelassenheit im Präsens wiedergibt. Viragh versucht, wie Magenau schreibt, mit ihrem Roman etwas Unmögliches, nämlich die Aufhebung der Zeit und das ist es wohl, was das Buch für ihn so faszinierend macht. Die ruhige, präzise Erzählweise, mit der Viragh der Geschichte ihre mythischen, alltäglichen und traumatischen Geschichten entlockt, hat den Rezensenten offensichtlich sehr beeindruckt.
Lesen Sie die Rezension bei buecher.de

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 01.11.2006

Rolf-Bernhard Essig kommt angesichts dieses Romans aus dem Schwärmen, Staunen und Loben gar nicht mehr heraus und preist das Buch in seiner Wirkung als ebenso magisch, wie es die Schweizer Wiese ist, auf der sich die vielschichtigen Geschichten ereignen. Nicht zuletzt sieht er sich wegen der bildmächtigen Sprache von Christina Viragh an Filme wie Peter Weirs "Picknick am Valentinstag" oder Andrej Tarkowskijs "Stalker" erinnert, wobei ihn besonders fasziniert, dass Viragh genauso wie diese Filmemacher ihren Figuren und Episoden nicht das Geheimnis nimmt. Als an romantische Literatur anknüpfend und damit einmalig in der Gegenwartsliteratur erscheint ihm die Prosa der Schweizer Autorin, sowohl was ihre Motive als auch ihre verschachtelte und fragmentarische Erzählweise angeht. Bei allen Hinweisen auf eine "höhere Realität" bleibe Viragh aber dennoch der Wirklichkeit verpflichtet, so Essig, der sich mit diesem Roman gleichermaßen gefesselt, in Bann geschlagen und intellektuell gefordert sieht.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 31.08.2006

Rezensent Roman Bucheli findet, dies sei das beste Buch, das Christina Viragh je geschrieben habe. Mit "großer poetischer Gestaltungskraft" forme sie darin einen erzählerischen Kosmos, der sechshundert Jahre Geschichte an einem Punkt miteinander verbindet. Es geht, lesen wir, um eine Wiese, die für den Rezensenten die "leere Mitte" dieses Buches ist. Ein Fluch scheint auf ihr zu liegen, der denen, die in ihrer Nähe leben, nicht selten den Tod bringen, oder mindestens enorme Angst machen. Ausgesprochen fasziniert folgt der Rezensent den vielen unheimlichen Geschichten, die die Autorin auf vier Zeitebenen wie Blumen aus der Wiese wachsen lasse. Ihn begeistert aber auch der "sinnliche Reichtum der Sprache", ergreifende Schicksale und "detailscharfe Szenerien".
Stichwörter