Thomas Kunze

Staatschef a. D.

Die letzten Jahre des Erich Honecker
Cover: Staatschef a. D.
Ch. Links Verlag, Berlin 2001
ISBN 9783861532477
Gebunden, 222 Seiten, 19,43 EUR

Klappentext

Am 17. Oktober 1989 wurde Erich Honecker während einer dramatischen Sitzung des SED-Politbüros gestürzt. Drei Wochen später fiel die Mauer und mit ihr wenig später die DDR. Honecker erlebte einen tiefen Fall. Die meisten seiner Freunde und Genossen wandten sich von ihm ab, die Staatssicherheit ermittelte gegen ihn. Seine letzten Lebensjahre verbrachte er in Krankenhäusern, Gefängnissen und in einem Pfarrhaus. Er suchte Asyl in Moskau und in Santiago de Chile, wo er 1994 starb. Der Autor hat diese Jahre eingehend recherchiert und mit Zeitzeugen gesprochen.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 02.04.2002

Dieses "anschauliche" Buch rekonstruiert "mustergültig" Honneckers Schicksal ab 1989 und setzt Maßstäbe für eine noch ausstehende Gesamtbiografie, schreibt Heiko Hänsel. Von der Abwahl in Politbüro und ZK, über erschreckend dumme Äußerungen zur Wendezeit, die ihn als offensichtlich "nicht satisfaktionsfähig" erscheinen ließen, bis zum von der Öffentlichkeit nur noch am Rande wahrgenommenen Exil in Chile, zeichnet der Autor laut Hänsel alles "kundig nach". Das Grundthema sei allerdings die Strafverfolgung, für die nur mit Mühe eine plausible Anklage formuliert wurde und deren Rechtsgrundlage Kunze skeptisch gegenüberstehe.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 12.11.2001

Zwei neue Bücher zu Honecker, von denen sich das eine für eine richtige Biografie hält, stellt Peter Jochen Winters vor. Dasjenige, das sich auf die Jahre nach 1989 beschränkt, gefällt ihm besser, aber beide sind nicht das, worauf man gewartet hat: eine umfassende, verlässliche, gut recherchierte Biografie.
1) Jan N. Lorenzen "Erich Honecker"
Es ist nicht so, lässt sich die Ansicht die Rezensenten resümieren, dass Lorenzen unsolide gearbeitet hat, jedoch hat er kaum eigene Recherchen betrieben oder Zeitzeugen befragt. Das Buch ist so mehr eine Kompilation, oder, mit Winters' Worten: "eine nicht ungeschickte Zusammenstellung" aus vorliegenden Quellen, mit denen der Autor noch dazu recht selektiv umgegangen ist. Auf die Auswertung von Archivmaterial hat Lorenzen, wie Winters bedauert, gleich ganz verzichtet, "profitiert" stattdessen "von den Früchten der Arbeit anderer". Insgesamt fällt das Urteil daher negativ aus: das Buch bleibt nach Ansicht des Rezensenten "an der Oberfläche".
2) Thomas Kunze "Staatschef a.D."
Thomas Kunze hat, ganz im Unterschied zu Lorenzen, "mit Zeitzeugen ausführlich gesprochen", das gefällt dem Rezensenten schon viel besser. Geschildert werden die Jahre von 1989 bis zum Tod Honeckers 1994 in Chile und man erfährt, so Winters, Dinge, die man noch nicht wusste. Etwa, dass Honecker seit 1990 finanzielle Zuwendungen vom alten Bundesgenossen Arafat erhalten hat. Wie allen anderen freilich hat sich auch dem Biografen Kunze die wohl wichtigste Zeitzeugin "verweigert": Margot Honecker. Viel, räumt Winters sogleich ein, ist von ihr wohl nicht zu erwarten, insbesondere keine "objektiven Schilderungen oder gar Wertungen". Unter diesen Umständen ist, stellt der Rezensent fest, Kunze "gelungen", was er erreichen wollte: eine Darstellung, die ein "Beitrag" zu einer als Ganzer noch nicht vorhandenen Honecker-Biografie ist.
Lesen Sie die Rezension bei buecher.de

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 07.11.2001

Ralf Husemann vergleicht zwei Honecker-Biografien, die er beide "durchaus kurzweilig" findet:
1) Thomas Kunze: "Staatschef a.D. Die letzten Jahre des Erich Honecker"
Der ostdeutsche Historiker Thomas Kunze, Verfasser einer Ceausescu-Biografie, habe ein "spannendes Geschichtsbuch" von großem "Detailreichtum" geschrieben. Sehr eindringlich beschreibe der Autor den Sturz Honeckers. Die Ähnlichkeit mit dem Sturz Ulbrichts, an dem Honecker maßgeblich beteiligt gewesen sei, wirke dabei wie eine "Ironie des Schicksals." Zum bundesdeutschen Rechtsstaat scheint Kunze in Husemanns Augen allerdings ein "gebrochenes Verhältnis" zu haben: So bezeichne er die Gerichtsverfahren gegen Honecker (und andere) als "Juristenpossen" und "Spektakel", als habe er noch nie etwas "von der Debatte über die deutschen Kriegsverbrecher gehört".
2) Jan N. Lorenzen: "Erich Honecker. Eine Biografie"
Im Gegensatz zu Kunze schildere der westdeutsche Journalist und Wahl-Leipziger Jan L. Lorenzen in seiner "nüchtern erzählten" und "knappen, aber lesenswerten" Biografie auch die frühen Honecker-Jahre. Die Abriegelung Westberlins und die Vorbereitung zum Mauerbau sei nach Lorenzens wertungsfreier Beurteilung "in organisatorischer Hinsicht eine Meisterleistung" gewesen. Eine Kompilation der bekannten Honecker-Literatur und 33 Interviews mit Weggefährten und Widersachern rundeten das widersprüchliche Bild über Erich Honecker ab.
Lesen Sie die Rezension bei buecher.de

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 04.10.2001

Das Buch des Historikers Thomas Kunze über die letzten Jahre des ehemaligen DDR-Staatschefs Erich Honecker "ist eine gediegene Schmelze aus Biografie und analytischer Chronik", befindet Christoph Dieckmann. Das klingt vielleicht negativer, als vom Rezensenten beabsichtigt, denn in seiner Besprechung würdigt er durchaus die Abhandlung des Autors. Der interessanteste Aspekt an Honecker ist für Dieckmann sein Sturz. Damit nämlich lasse sich der gesamte ostdeutsche Übergang vom Staatssozialismus zur Demokratie erzählen, meint der Rezensent. Kunze bewältige das gelassen, habe Fakten zusammengetragen, lasse Zeitungsberichte für sich sprechen und reproduziere die Stimmungen erlebter Geschichte. Die habe, hat Dieckmann aus dem Subtext des Buchs herausgelesen, Honecker recht übel mitgespielt. Am Ende stelle sich beim Leser das Gefühl ein, so der Rezensent, Erich habe genug gelitten.
Stichwörter