Tarjei Vesaas

Die Vögel

Roman
Cover: Die Vögel
Guggolz Verlag, Berlin 2020
ISBN 9783945370285
Gebunden, 276 Seiten, 23,00 EUR

Klappentext

Aus dem Norwegischen von Hinrich Schmidt-Henkel. Mit einem Nachwort von Judith Hermann. Tarjei Vesaas (1897-1970) ist mit zwei meisterhaften Romanen unsterblich geworden: "Das Eis-Schloss" und "Die Vögel". In "Die Vögel" erzählt er von dem Außenseiter Mattis, der sich in eine kindliche innere Welt zurückgezogen hat und von den anderen Dorfbewohnern als zurückgeblieben verlacht wird. Seinen Lebensunterhalt versucht er mit kleinen Hilfsarbeiten auf dem Feld und im Wald zu bestreiten. Mattis lebt in einer Hütte am See mit seiner Schwester Hege, die den Haushalt führt und ihn versorgt, und er fühlt sich mit der Natur ringsum verbunden. Besonders ziehen ihn die Waldschnepfen an, deren frühlingshaften Balzflug er als Zeichen sieht, als Verheißung, die er nicht entschlüsseln kann. Als eines Tages der Holzfäller Jørgen auftaucht, sich in Hege verliebt - und dann auch noch eine Schnepfe erschossen wird, wirft es Mattis aus der Bahn.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 05.06.2021

Peter Urban-Halle erkennt die romantische Note im Roman von Tarjei Vesaas. Wie sich der Autor seiner Hauptfigur nähert, einem Narren vor dem Herrn in einem norwegischen Dorf - über die Perspektive des geistig armen Außenseiters, dessen Welt von anderen Ordnungen bestimmt ist, scheint für den Rezensenten das Besondere dieser Sicht zu betonen. Die neue, "umgangssprachlichere" Übersetzung von Hinrich Schmidt-Henkel trägt dem wirren Denken der Figur Rechnung, lobt Urban-Halle.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 23.05.2021

Rezensentin Bettina Hartz schließt sich Karl Ove Knausgard an: Das ist der "beste norwegische Roman aller Zeiten", meint sie. Und völlig zurecht ist Hinrich Schmidt-Henkels Übersetzung für den Leipziger Buchpreis nominiert, fährt sie fort. Denn schon sprachlich haut sie der Roman um: Vesaas schrieb in einem Norwegisch der unteren sozialen Schichten, "schlicht und schön", "poetisch herb, sensibel, flimmernd", jubelt Hartz. Und die Geschichte steht dem in nichts nach, so die Rezensentin weiter: Sie folgt hier dem 37jährigen Mattis, der auf dem Stand eines Kindes geblieben ist. Er versucht, sich seiner Umwelt verständlich zu machen, erfährt aber meist Missachtung. Umsorgt wird er von seiner Schwester Hege, die sich pflichtbewusst alle Gefühle versagt, unter Mattis' rücksichtslosen Ansprüchen leidet, bis sie den Holzfäller Jorgen kennenlernt - und ein Unglück passiert, resümiert die Kritikerin. Wie Vesaas die LeserInnen unmittelbar in Mattis' Kopf und wieder heraus schauen lässt, verschlägt Hartz vollends den Atem.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 06.02.2021

Rezensent Matthias Hannemann warnt empfindsame Seelen vor der Lektüre von Tarjei Vesaas' Roman. Die Geschichte eines Narren in der norwegischen Provinz geht Hannemann sichtlich nahe, und ein gutes Ende nimmt es mit dem Protagonisten auch nicht. Dennoch taucht Hannemann ab in die Psyche der Figur, lässt sich vom Autor mit Lakonie und dunkler Symbolik das Fürchten lehren und sieht bald wie der Held überall Zeichen und glaubt, die Vögel zu verstehen. Nicht ganz. Doch Vesaas' "existentialistische Tragödie" rührt Hannemann zu Emotionen.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 22.01.2021

Rezensentin Judith von Sternburg glaubt an die menschenverbessernde Kraft dieses Buches des Norwegers Tarjei Vesaas aus dem Jahr 1957. Daher sollen es alle lesen, findet sie. Und auch, weil Vessas' einfältiger Held so sympathisch ist, weil das Buch in "lauterer Klarheit" von gewaltigen Dingen handelt, nur dass diese Dinge die kleinsten sind. Wie der Autor die Perspektive wechselt, den Leser ins Gesicht seiner Figur schauen lässt, in seine Gedanken, seine Kommunikation mit den Vögeln findet Sternburg so ökonomisch wie mitreißend. Hinrich Schmidt-Henkels Übersetzung schmiegt sich der Ruhe Nordnorwegens und der Geschichte an, dass es für die Rezensentin fast wie Poesie klingt. Aber das ist ein zu "verziertes" Wort für dieses Buch, meint Sternburg und schließt: Lektüre "an der Substanz".

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 19.12.2020

Sophie Wennerscheid empfiehlt Hinrich Schmidt-Henkels Neuübersetzung von Tarjei Vesaas Roman aus dem Jahr 1957. Die Geschichte eines norwegischen Sonderlings und Taugenichts, der die Vögel versteht, die Menschen aber weniger, überzeugt die Rezensentin mit präziser Figurenzeichnung und einer poetischen, an das Unausgesprochene rührenden Sprache, die Schmidt-Henkel laut Wennscheid gut im Griff hat. Das Zivilisationskritische im Text sagt Wennerscheid etwas, der Figur fühlt sie sich verbunden, Judith Hermanns Nachwort ist ihr aber eine Spur zu "romantisierend".
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Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 28.11.2020

Rezensent Dirk Knipphals wähnt sich beim Lesen von Tarjei Vesaas Roman von 1957 wie in einem Museum vergangener Erfahrungen. Wie sich ein Außenseiter in der Enge eines nordnorwegischen Dorfes um 1950 fühlt, was für ihn Einsamkeit bedeutet, vermittelt der Text für Knipphals ohne zu denunzieren oder zu heroisieren, in strenger Figurenperspektive und mit starken Naturbeschreibungen. Das ist zum Teil dramatisch, ja unerbittlich, warnt der Rezensent, aber von sprachlicher Schönheit (wie bei Handke, bloß "ohne Andacht"), versichert er.

Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk Kultur, 07.11.2020

Rezensentin Gabriele von Arnim hält es für ein großes Glück, dass der Guggolz Verlag den norwegischen Autor Tarjei Vesaas wiederentdeckt hat: In "Die Vögel" beweist er schon zum zweiten Mal, dass er "glühende Gefühle" in einer kühl-feinsinnigen Sprache beschreiben kann, lobt sie. In dieser Geschichte geht es um die Geschwister Mattis und Hege. Sie sorgt für beide, da er einfältig scheint, in Wahrheit die Dinge aber nur ganz anders wahrnimmt als seine Umgebung, erzählt Arnim, die es sehr genossen hat, von Vesaas in Mattis' wunderliche Gedankenwelt mitgenommen zu werden. Großes Lob auch für Übersetzer Hinrich Schmidt-Henkel.