Judith Zander

Johnny Ohneland

Roman
Cover: Johnny Ohneland
dtv, München 2020
ISBN 9783423282352
Gebunden, 528 Seiten, 25,00 EUR

Klappentext

Joana Wolkenzin weiß früh, dass sie anders ist. Sie liest stundenlang und lernt Songtexte auswendig; später verliebt sie sich in Jungs und in Mädchen. Im vorpommerschen Niemandsland der Neunziger gibt sie sich einen neuen Namen: Johnny. Aber bringt ein neuer Name auch neues Glück? Als die Mutter über Nacht die Familie verlässt, kreisen Johnny, ihr Bruder Charlie und ihr Vater auf wackligen Bahnen um eine leere Mitte. Schließlich macht Johnny sich auf die Suche nach einem Leben und einer Erzählung, die ihren eigenen Vorstellungen entsprechen, in Deutschland, Finnland und Australien.

Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk, 13.10.2020

Rezensentin Christel Wester liest sich angenehm fest in Judith Zanders Coming-of-Age-Geschichte vor dem Hintergrund der DDR und ihres Zusammenbruchs. Das Spiel mit Brüchen und Identitäten verkörpert die weibliche Hauptfigur mit dem Männernamen glaubhaft, findet Rezensentin Wester. Und auch wenn es dauert, bis der Leser sich in die Figur und ihre Geschichte hineinfindet, ist der Lektüregenuss die Mühe doch wert, meint sie, schon weil wir erfahren, wie verwirrend es ist, wenn wir eine Person nicht eindeutig einem Geschlecht zuordnen können. Formal überzeugt dieser "skurrile" Roman über existenzielle Fremdheit und die Sehnsucht nach Verständnis die Rezensentin mit lustvollen Sprachspielen und Zitaten aus Pop- und Hochkultur.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 23.09.2020

Rezensent Nico Bleutge bekommt mit Judith Zanders Buch keine autobiografische Skizze, sondern eine "feine", "schillernde" Meditation über Erinnerung und Erzählen. Zanders Hauptfigur, die in "Satz- und Bildverschachtelungen" auf ihr Leben in der DDR zurückblickt, macht es Bleutge zwar nicht leicht mit "gewollt wirkenden" Selbstansprachen, "Begriffsverknotungen" und Hochkultur-Zitaten, der Ertrag scheint dem Rezensenten allerdings wertvoll, auch, da es der Autorin gelingt, DDR-Geschichte, soziale Recherche und Individualgeschichte miteinander kurzzuschließen. Trotz mancher Längen für Bleutge ein intensives Lektüreerlebnis.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 11.09.2020

Rezensentin Judith von Sternburg freut sich nach anfänglicher Befremdung dann doch über die Anrede eines Du in Judith Zanders Roman einer Selbstfindung. Dass die Erzählerin sich selbst anspricht entwickelt schließlich einen Sog, verspricht die Rezensentin. Dass auf diese Weise auch die Selbstbefreiung der Figur mittels Sprache aus einem bildungsfernen gesellschaftlichen Umfeld irgendwo im Norden der DDR besser nachvollziehbar wird, legt Sternburg nahe. Die Balance zwischen Beschwingtem und jugendlich Sentimentalem stimmt im Text, findet die Rezensentin, die für die Figur und ihre entschiedene Selbstermächtigung rasch Sympathien entwickelt.

Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk Kultur, 24.08.2020

Frank Meyer gefällt an Judith Zanders Roman über die Probleme einer in der DDR geborenen jungen Frau, die sich der konventionellen Geschlechterzuordnung entziehen will, vor allem der Verzicht auf "Genderdiskurs-Vokabular" und der wilde Mix aus Selbstgespräch, Rilke-Versen, DDR-Kinderliedern, Songtexten, finnischem Idiom und Platt scheint Meyer komisch und den Stimmungen der Figur gut angepasst. Erstaunlich tief zieht der Text Meyer hinein in die Erfahrungswelt eines Menschen jenseits der "heterosexuellen Tradition".