Ta-Nehisi Coates

Zwischen mir und der Welt

Cover: Zwischen mir und der Welt
Hanser Berlin, Berlin 2016
ISBN 9783446251076
Gebunden, 240 Seiten, 19,90 EUR

Klappentext

Aus dem Amerikanischen von von Miriam Mandelkow. Wenn in den USA schwarze Teenager von Polizisten ermordet werden, ist das nur ein Problem von individueller Verfehlung? Nein, denn rassistische Gewalt ist fest eingewebt in die amerikanische Identität - sie ist das, worauf das Land gebaut ist. Afroamerikaner besorgten als Sklaven seinen Reichtum und sterben als freie Bürger auf seinen Straßen. In seinem leidenschaftlichen Manifest verdichtet Ta-Nehisi Coates amerikanische und persönliche Geschichte zu einem Appell an sein Land, sich endlich seiner Vergangenheit zu stellen.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 16.03.2016

In drei als Briefe an seinen Sohn gestalteten Aufsätzen schildert Ta-Nehisi Coates seine Bildungsbiografie als Bewusstwerdung afro-amerikanischer Geschichte, erklärt uns Rezensent Julian Weber. Das angeschlagene Tempo ist hoch, der Tonfall nachdrücklich, worunter die Qualität der Argumentation allerdings keineswegs leidet, versichert der Kritiker. Die Texte kreisen um den historisch-politischen Zusammenhang von "Körper, Gewalt und Rassismus", notiert Weber und kann Coates' Analyse afroamerikanischer Geschichte nur zustimmen: Der zentrale Stellenwert, den die Masse an Sklavenkörpern für die Entwicklung der amerikanischen Wirtschaft einst einnahm, stehe in keinem Verhältnis zur Lebensrealität afroamerikanischer Menschen bis heute. Coates' Forderung nach Entschädigungszahlungen hält der Kritiker daher für folgerichtig und unterstützenswert: Neu sei sie zwar nicht, dass sie nun auch in der breiteren Öffentlichkeit formuliert wird, findet er allerdings gut.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 25.02.2016

Traurige wie dringende Aktualität bescheinigt Rezensentin Andrea Köhler Ta-Nehisi Coates Zornesbuch, das als Brief an seinen jugendlichen Sohn verfasst ist und nur ein Thema hat: Rasse als staatstragendes Konzept in den USA. Köhler erkennt die Bezüge zu James Baldwin und Malcolm X, wenn der Autor mit lyrischer Verve erklärt, was es heißt in den USA mit dunkler Haut geboren zu sein. Und sie erkennt das Echo des Buches in den Geschehnissen von Ferguson und Baltimore etc. Coates' Erinnerung an die körperliche Erfahrung von Rassimus scheint ihr in ihrer rhetorischen Wucht allerdings durchaus nicht immer über jeden Zweifel erhaben.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 11.02.2016

Marie Schmidts Besprechung dieses gewichtigen Essays, der in den USA bis in den Präsidentschaftswahlkampf hinein für die Diskussionen sorgt, klingt zwar skeptisch, aber am Ende enthält sie sich eines klaren Urteils. Es ist vertrackt mit dem Rassismus und darüber, wie vertrackt, lässt sich so oder so wohl einiges bei Coates lernen, so scheint es. Sie zitiert die schwarze Theoretikerin Bell Hooks, die in ihrem klassischen Essay "Weißsein in der schwarzen Vorstellungswelt" die "Provokation durch die schwarze Intelligenz" formuliert habe, die sich bei Coates zu wiederholen scheint und die natürlich darin besteht, dass Weiße sich in ihrem Selbstbild aufgestört sehen, wenn Verhaltensweisen, die sie in ihrer "Normalität" gar nicht wahrnehmen, von außen als ein Verhalten der "White supremacy" kritisiert werden. Schmidt scheint mit Coates' Konsequenzen, seiner kaltschnäuzigen Desolidarisierung vom Trauma des 11. Septembers und seinem Plädoyer für Malcolm X' harte Linie nicht einverstanden zu sein - aber dass Coates auch mit seiner Forderung nach Reparationen provoziert, leugnet sie nicht.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 06.02.2016

Im Wesentlichen ist Rezensent Michael Hochgeschwender mit Ta-Nehisi Coates' Essay sehr einverstanden. Provokant, gar poetisch erscheint ihm das Werk, in dem sich der Journalist und Autor wortgewaltig und mit intellektuellem Hintergrund für die Rechte und Reparationen für drei Jahrhunderte Unterdrückung und Ausbeutung der schwarzen Amerikaner einsetzt. Tief beeindruckt zeigt sich der Kritiker insbesondere von Coates' ebenso melancholischem wie wütendem, zugleich selbstreflexivem Brief an seinen Sohn Samiri, in dem er seinen Werdegang vor dem Hintergrund weißer Polizeigewalt in den achtziger und neunziger Jahren schildert. Dass der Autor seine Reparationsforderungen mit den Wiedergutmachungsleistungen der Deutschen an Israel und überlebende Juden vergleicht, ohne strukturelle Unterschiede zu beachten, hat den Rezensenten allerdings wenig überzeugt. Außerdem hätte der Kritiker bei all den schwelgenden Beschreibungen von schwarzer Körperlichkeit auch etwas über schwarze Geistigkeit und schwarzen Intellekt erfahren.
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Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 05.02.2016

Jörg Häntzschel liest atem- und fassungslos, was Ta-Nehisi Coates in diesem Brief an seinen 14-jährigen Sohn über Rassentrennung in den USA aufschreibt. Den aus Baltimore stammenden Autor möchte er mit Toni Morrison zum legitimen Nachfolger James Baldwins ausrufen, derart wuchtig, aber auch pathosschwanger hebt der Autor laut Häntzschel an, in der Rhetorik schwarzer Prediger und verwurzelt in der Geschichte der Rassendebatte von der eigenen Angst und dem dennoch erreichten Erfolg zu berichten. Auch wenn oder gerade weil Coates dem Leser an Drastik nichts erspart, wie der Rezensent warnt, ist sein Buch der Text zur Stunde.
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