Simone de Beauvoir

Die Unzertrennlichen

Roman
Cover: Die Unzertrennlichen
Rowohlt Verlag, Hamburg 2021
ISBN 9783498002251
Gebunden, 144 Seiten, 22,00 EUR

Klappentext

Aus dem Französischen von Amelie Thoma. Ein unveröffentlichter autofiktionaler Roman, leidenschaftlich und tragisch, über die Rebellion junger Frauen: Sylvie (Simone de Beauvoir) und Andrée (Zaza) sind unzertrennliche Freundinnen. Gemeinsam kämpfen sie gegen den erstickenden Konformismus einer bürgerlichen Gesellschaft, in der Küsse vor der Ehe und freie Gedanken für Frauen verboten sind. Sylvie bewundert Andrée: Sie scheint so selbständig - und doch gerät gerade sie immer tiefer in die Falle ihrer ach so tugendhaften Familie. Diese trennt Andrée von dem Jungen, den sie liebt. Sylvie will ihrer Freundin helfen. Aber wie? Als de Beauvoir das Manuskript Sartre zeigte, befand der es zu intim für eine Veröffentlichung. Es blieb in der Schublade. Fast siebzig Jahre später hat de Beauvoirs Adoptivtochter diesen kurzen Roman nun freigegeben und macht damit einen Urtext des frühen Feminismus zugänglich, mehr noch - eine Liebeserklärung de Beauvoirs an ihre Freundin, die so jung sterben musste.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 12.11.2021

Rezensent Uli Aumüller entdeckt in Simone de Beauvoirs jüngst aus ihrem Nachlass erschienenen Roman viele Themen, Ereignisse und Motive, die die Autorin auch in späteren Texten beschäftigt haben. Teils sogar in wörtlicher und zudem in großer Übereinstimmung mit ihren realen Erfahrungen, erzählt de Beauvoir in "Die Unzertrennlichen" jene Geschichte, die sie vier Jahre später auch in "Marcelle, Chantal, Lisa…" bearbeiten wird: Die Geschichte ihrer unzertrennlichen Freundschaft mit Zaza bzw. Andrée im Roman, so wie deren Verlust. Beide, Simone und Zaza, erklärt Aumüller, kamen aus gutem Hause, wurden religiös erzogen, doch im Gegensatz zu ihrer Freundin, gelang es Simone - auch aufgrund anderer ökonomischer und familiärer Bedingungen, sich aus der für sie vorgesehenen Rolle zu befreien - ohne Frage ein "weiter Weg", der eines enormen Kraftaufwands bedurfte. Ihrer Freundin dagegen blieb in den alten Machtstrukturen gefangen, sie verstarb mit nur 21 Jahren - erstickt von den "Zwängen ihrer Klasse", erkennt der Rezensent. Aumüller scheint den Roman in jedem Fall mit Gewinn gelesen zu haben.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 22.10.2021

Wirklich begeistert ist Rezensentin Claudia Mäder nicht angesichts dieses frühen, bisher unveröffentlichten Romans von Simone de Beauvoir. Die im Buch laut Mäder nur leicht fiktionalisierte Geschichte der tiefen Freundschaft zwischen Beauvoir und Elisabeth Lacoin kennt Mäder schon aus der Autobiografie der Autorin, und besonders ambitioniert geht die Autorin für ihr Verständnis auch nicht zu Werke, wenn sie die Fesseln des konservativen Milieus beschreibt, aus denen sich die Figur der Elisabeth/Andree nicht zu befreien vermag. Die lineare Erzählweise und hölzerne Dialoge machen Mäder die Lektüre nicht eben zum Genuss.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 21.10.2021

Rezensentin Angelika Overath liest den autobiografisch gefärbten kleinen Roman von Simone de Beauvoir mit Spannung. Gekonnte Dialoge und sinnliche Beschreibungen von Figuren und Milieus machen die verbotene Liebesgeschichte zwischen zwei Frauen für sie so lesenswert. Wie die Liebe der beiden unter den gesellschaftlichen Konventionen zerbricht, erzählt die Autorin laut Overath mit psychologischem Gespür für die beiden unterschiedlichen Charaktere. Abbildungen und Briefe im Band werfen ein Licht auf die dem Text zugrundeliegende Beziehung zwischen der Beauvoir und Elisabeth Lacoin, erklärt die Rezensentin.
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Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 19.10.2021

Der Tod der Jugendfreundin Elisabeth Lacoin, genannt Zaza, war zentral im Werk der französischen Schriftstellerin und Philosophin Simone de Beauvoir, weiß Rezensent Felix Stephan, er nennt ihn die "Ursprungserzählung". In dem bisher unveröffentlichten Roman "Die Unzertrennlichen" erzählt Beauvoir nur wenig fiktionalisiert diese Geschichte zweier Freundinnen, die sich in einer katholisch konservativen Welt mit klar verteilten Rollenbildern behaupten müssen: Die eine ringt darum, den religiösen Glauben mit ihren gesellschaftlichen Idealen zu vereinen, während die andere die anfängliche Vergötterung und Überhöhung der Freundin überwindet, um sich selbst zu emanzipieren. Ihr Verlauf ist dem Rezensent umfassend bekannt, weshalb dieser Roman in seinen Augen die bisherigen Erkenntnisse nicht grundlegend erschüttern kann. Darüber hinaus verrät Stephan nicht, was er von dem Roman hält, ihm fällt allerdings auf, dass Beauvoir sich hier ausnahmsweise nicht ins Technische flüchtet, wenn es um Geschlechterbeziehungen geht, sondern richtig schwärmerisch wird.
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Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk Kultur, 19.10.2021

Rezensent Dirk Fuhrig sieht keine explizit sexuelle Liebesgeschichte in diesem kurzen, im französischen Original erst 2020 veröffentlichten Roman von Simone de Beauvoir. Der 1954 entstandene Text erzählt laut Rezensent von der engen Beziehung zweier Mädchen und von den Repressionen des bürgerlichen Konservatismus und des autoritären Katholizismus der 1920er. Im Aufbegehren der jungen Frauen gegen Konformität und Wohlanständigkeit liegt für Fuhrig der Kern der auf Beauvoirs enge Freundschaft mit Elisabeth Lacoin zurückgehenden Erzählung. Von hier aus entwickelte sich der Feminismus der Autorin, meint er.

Rezensionsnotiz zu Die Welt, 16.10.2021

Rezensentin Mara Delius liest Simone de Beauvoirs aus dem Nachlass veröffentlichtes Buch von 1954 über ihre innige Beziehung zu Elisabeth Lacoin nicht so sehr als Beispiel lesbischer Liteatur, sondern lieber als Ausweis einer literarischen Kraft, die sich für die Rezensentin in dieser spezifisch weiblichen Autofiktion vor allem dann zeigt, wenn die Autorin von der Unerreichbarkeit der Freundin berichtet. In dieser existenzialistischen Sicht erkennt Delius eine Parallele zur Beziehung der Autorin zu Sartre. Das Buch krempelt die Sicht der Rezensentin auf Beauvoir nicht um, sondern fügt ihr eine "Schattierung" hinzu. Die begehrte Freundin erscheint als weiteres mögliches Ich der Autorin, glaubt Delius.