Siegfried Jacobsohn

Siegfried Jacobsohn: Gesammelte Schriften

1900-1926. 5 Bände
Cover: Siegfried Jacobsohn: Gesammelte Schriften
Wallstein Verlag, Göttingen 2005
ISBN 9783892446729
Gebunden, 2668 Seiten, 149,00 EUR

Klappentext

Herausgegeben und kommentiert von Gunther Nickel und Alexander Weigel in Zusammenarbeit mit Hanne Knickmann und Johanna Schrön. War vor dem Ersten Weltkrieg "Die Schaubühne" die wichtigste und angriffslustigste Theaterzeitschrift, so wurde in der Weimarer Republik "Die Weltbühne" zur bedeutendsten demokratischen Wochenschrift für Politik, Wirtschaft und Kultur. Zu den Mitarbeitern zählten namhafte Schriftsteller und Publizisten wie Lion Feuchtwanger, Herbert Ihering, Carl von Ossietzky, Alfred Polgar und Kurt Tucholsky. Gründer und intellektueller Kopf des "Blättchens", wie er es gerne nannte, war Siegfried Jacobsohn (1881-1926), von den Freunden geliebt, von den Reaktionären gehasst, der streitbarste und stilistisch brillanteste Theaterkritiker, den Deutschland je gehabt hat. Jacobsohn war es, der in schwierigen Zeiten um die Zeitschrift kämpfte und über zwei Jahrzehnte ihr unbestechlicher Spiritus rector blieb. Die unter Auswertung zahlreicher bisher unveröffentlichter Quellen kommentierte Edition enthält rund 430 der wichtigsten Texte Jacobsohns aus der "Schaubühne", der "Weltbühne" und, zum Teil neu entdeckt, aus zahlreichen Zeitungen. Damit bietet sie einen repräsentativen und zugleich erstaunlich erweiterten Überblick über das aus mehr als 2000 Kritiken und anderen Texten bestehende Gesamtwerk, das durch eine kommentierte Bibliographie und ein Register aller erwähnten Personen, Theater, Bühnenwerke und Periodika erschlossen werden kann:

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 23.06.2006

Alexander Gallus freut sich. Nicht nur über ein kluges, sorgfältig arbeitendes Herausgeberteam, sondern vor allem darüber, dass dem Publizisten und Gründer der "Weltbühne" Siegfried Jacobsohn ein ehrendes Denkmal gesetzt wird. Gallus findet nicht nur das Register solide, sondern alle 430 Texte "vorbildlich kommentiert" und "schön bebildert". Dass Jacobsohn vor allem als großer Theaterkritiker in Erscheinung tritt, wundert ihn nicht, um so mehr aber überrascht ihn das Bild eines durchaus zeitkritischen, politischen Menschen, das sich hier entfaltet: Ein Werk, das Gallus schließlich nicht nur Theaterfreunden empfehlen kann, sondern auch jedem gesellschaftspolitisch Interessierten, der die ereignisreiche Zeit zwischen 1900 und 1926 aus einem besonderen Blickwinkel betrachten möchte.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 17.12.2005

Bücher wollen auch von außen betrachtet werden, scheint sich die Rezensentin Barbara Hahn gesagt zu haben und widmet der Beschreibung der fünf Buchrücken - samt Abbildungen Siegfried Jacobsohns - fast die Hälfte ihrer Besprechung. Aus dem Innenleben wählt sie eine kurze Passage aus einer Kritik von Max Reinhardts Inszenierung der "Hermannschlacht" aus, die in ihren Augen des Kritikers "Sprachkunst bündelt": "Bisher immer war mir die Macht, die Übermacht der winzigen Junkerkaste über viele Millionen ein Rätsel gewesen. An diesem Abend hab' ich sie, trauernd, begriffen." Begeistert fährt die Rezensentin fort, vom "Zauberer" Jacobsohn zu sprechen, der mit "schrägen Adjektiven" und "Zitaten aus der dramatischen Literatur" spielt. Auch seine Porträts von Darstellern und Dramatikern nennt die Rezensentin "wunderbar" und "von großer Zartheit". Und letztendlich bleibt es Jacobsohn selbst überlassen, sich zu beschreiben, denn was er über seinen verstorbenen Freund Moritz Heimann zu sagen hat, das gilt auch für ihn: "Die alte geistige Glut schlug aus ihm heraus, die alte Wollust, Geist zu haben, Geist zu entwickeln, Geist zu steigern und zuzuspitzen, Geist aus der Alltäglichkeit zu ziehen und in sie zu legen."

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 03.12.2005

Hier ist sie, endlich, die umfassende Gesamtedition, die dem großen Theaterkritiker Siegfried Jacobsohn gerecht wird und ihn wieder lesbar macht!, jubelt Rezensent Klaus Völker. Aus allen Schriften Jacobsohns, schwärmt Völker, spricht "Leidenschaft, Begabung und Urteilskraft". Wunderbar nachvollziehen lasse sich Jacobsohns Weg vom blutjungen, Max Reinhardt verehrenden Kritiker zum Herausgeber der "Schaubühne", die vom Rezensenten als "Kampfblatt gegen Repräsentationskultur und Hoftheatermief" bezeichnet wird und die für Jacobsohn zu einer Art "idealen Bühne" werden sollte. Deutlich, so der Rezensent weiter, werden auch die Konstanten in Jacobsohns Entwicklung, etwa sein Selbstverständnis als Kritiker, dessen vorrangige Aufgabe er in der Durchsetzung des "allgemein noch nicht Akzeptierten" sah und darin, "neuen Künstlern eine Gasse zu bahnen 'mitten durch Vorurteil und Konvention'". Kurzum, so das rundum glückliche Fazit des Rezensenten, es handelt sich hier um "ein Werk, das zur Pflichtlektüre für alle Theaterkritiker und sonst über Theaterfragen schreibende Journalisten erklärt werden sollte".

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 18.10.2005

Volker Breidecker preist es als großes Verdienst, dass nun sämtliche Schriften des "fast vergessenen" Theaterkritikers und Publizisten Siegfried Jacobsohn in dieser fünfbändigen Ausgabe wieder einzusehen sind. Jacobsohn, die "schärfste und spitzeste Feder" die jemals in deutschen Blättern schrieb, wie der Rezensent betont, hatte in der Weimarer Republik zunächst die "Schaubühne" und dann die "Weltbühne" gegründet, teilt Breidecker mit. Als reiner Zeitungs- und Zeitschriftenautor werde er aber bis heute von Philologen für seine "Tagesschriftstellerei" missachtet, wie der Rezensent moniert. Dass der Verlag sowie die Herausgeber Gunther Nickel und Alexander Weigel Jacobsohns Schriften nun "erstmals kohärent" erschlossen haben, lobt er ebenso wie die "besonders schöne" Ausstattung der Bände, wobei ihm insbesondere die vielen Fotos, die das damalige Theaterleben dokumentieren, gut gefallen. Auch die für Interessierte "unverzichtbaren" Erläuterungen finden lobende Erwähnung, bloß die übertriebene "Leserfreundlichkeit", die die Herausgeber dazu gebracht hat, auch selbstverständliche Begriffe wie etwas das Bibelwort "Jakobsleiter" zu erklären, beschmunzelt der ansonsten vollkommen begeisterte Rezensent als "Kuriosum".
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