Rike Scheffler

Lava. Rituale

Gedichte
Cover: Lava. Rituale
Kookbooks Verlag, Berlin 2023
ISBN 9783948336141
Gebunden, 88 Seiten, 26,00 EUR

Klappentext

Die vorliegenden Gedichte sind Roadmaps, Archive aus einer Zukunft, von der ich (teils) gern ein Teil wäre. Spekulative, fragmentarische Zeugnisse neuer und zärtlicherer Seinsweisen, artenübergreifender Allianz. Mit jedem Zyklus im Band geht es tiefer in diese Zukünftigkeit hinein; Transformationen werden spürbar. In "Wasser werden" erkundet ein Ich über mimetisch-klangliche Ebenen die eigene, aufregende Verbundenheit mit anderem wässrigen Leben. Es lernt die filigranen Bewegungen von Phytoplankton, suhlt sich mit chinesischen Wasserbüffeln im Schlamm. Das Kapitel "bergen" verortet sich in einer Zeit, in der humane und nicht-humane Entitäten gemeinsam in symbiotischen Koexistenzen leben; die Globalisierung und die Technologisierung der Welt sind weit vorangeschritten, die fatalen klimatischen Konsequenzen gegenwärtiger menschlicher Lebensweisen treten offen zutage. Hier sammelt und pflegt ein menschliches Ich verzweifelt, liebevoll und widerständig, was es angesichts eines drohenden Untergangs umso stärker behüten will: seelische Verfasstheiten, Wassermelonenlippen, ebenso Kristalle, Sapphos Fragmente, massenhaft Sauerstoff, schließlich die im Wort "Brot" sedimentierte Menschheitsgeschichte selbst.

Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk Kultur, 27.07.2023

Begeistert taucht Rezensent Nico Bleutge in die Verse von Rike Scheffler ein, die durch die genaue "Beobachtung und Deutung" unserer Zeit ein Abbild der Lage der menschlichen Gesellschaft gelingt. Es werden alltägliche Worte genutzt, die aber die ganz großen Fragen zu Kapitalismus, Krieg oder friedlichem Zusammenleben stellen, aber nicht direkt, sondern "eingelagert in die Form". Die Gedichte sind grob an einer Zeitachse angeordnet, bis ins 24. Jahrhundert, und mit der fortlaufenden Zeit sprachlich immer fluider werden, so der Rezensent und zitiert: ":ch die w:r viele sind ungleich sein wollen / w:r die w:r tasten um zu verstehen". Wer hier spricht? Der Rezensent kann nur raten, aber gerade das gefällt ihm so gut an diesen Gedichten.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 27.05.2023

Rike Schefflers poetischer Abgesang auf die Schönheit von Welt und Natur geht Rezensent Björn Hayer tief zu Herzen. Er ist aber auch "überwältigt", dass die 1985 geborene Scheffler nicht nur lyrisch archiviert, sondern alles Wesenhafte miteinander verknüpft - und damit in die Zukunft schaut. Wasser sei dabei vielfach das bindende Element, schreibt Hayer, und zitiert "Gischt auf milchiger Haut". Dass die Dichterin Seekühe tanzen lässt und Plankton mit Zeichenfolgen wie "| | p" eine Stimme gibt, lässt den Rezensenten vor Ehrfurcht und Begeisterung niederknien. Der gefährdeten Erde auf diese Weise zuzuhören, sei berührend, gebe der Natur ihre Souveränität zurück und bewahre dabei aber "unverrückbar und eindringlich" ihr Geheimnis.