Ralph Dutli

Soutines letzte Fahrt

Roman
Cover: Soutines letzte Fahrt
Wallstein Verlag, Göttingen 2013
ISBN 9783835312081
Gebunden, 272 Seiten, 19,90 EUR

Klappentext

Chaim Soutine, der weißrussisch-jüdische Maler und Zeitgenosse von Chagall, Modigliani und Picasso, fährt am 6. August 1943 in einem Leichenwagen versteckt von der Stadt Chinon an der Loire ins besetzte Paris. Die Operation seines Magengeschwürs ist unaufschiebbar, aber die Fahrt dauert aufgrund der Umwege - um die Kontrollposten der Besatzungsmacht zu meiden viel zu lange, nämlich 24 Stunden. In einem Strom bizarrer Bilder, die der verfolgte Maler im zeitweiligen Morphin-Delirium vor sich auftauchen sieht, erzählt der Roman halb historisch, halb fiktiv Episoden aus Soutines Kindheit in Smilowitschi bei Minsk, die ersten Malversuche in Wilna, den beharrlichen Traum von Paris, der Welthauptstadt der Malerei. Er beschwört die unwahrscheinliche Freundschaft mit Modigliani, den plötzlichen Erfolg und das Ende der goldenen Pariser Jahre. Der Maler, der an die Macht der Milch als einziges Heilmittel glaubt, fährt aber auch in ein "weißes Paradies", eine Mischung von Klinik und Gefängnis, in der es zu merkwürdigen Begegnungen und Ereignissen kommt. Ein mysteriöser "Gott in Weiß" erklärt ihn für geheilt, verbietet ihm aber das Malen. Doch in einem Paradies ohne Malerei ist dem Künstler nicht zu helfen. Er beginnt heimlich wieder zu malen und ist bereit, dafür den geforderten Preis zu zahlen.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 11.06.2013

Ganz verzaubert ist Beate Tröger von diesem im Jahr 1943 in Paris spielenden Roman von Ralph Dutli. Dessen Einfühlung in Leben und Werk des jüdischen Malers Chaim Soutine findet sie nicht nur äußerst gelungen. Der komplex konstruierte Text zeigt ihr auch einen Virtuosen der Sprache am Werk, der sich nicht dazu verführen lässt, Leerstellen in dieser faszinierenden, an bizarren Einzelheiten reichen Biografie durch Fiktion zu tilgen, sondern Distanz und weitreichende Einfühlung einander abwechseln lässt. Das Glühen des Textes, von dem die Rezensentin spricht, scheint nicht zuletzt hier seinen Ursprung zu haben.
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Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 24.05.2013

Ralph Dutli ist Lyriker und seit geraumer Zeit einer der bekanntesten Übersetzer aus dem Russischen, weiß Hans-Peter Kunisch. Jetzt hat er seinen ersten Roman geschrieben und sich als Motiv und Protagonist den Maler Chaim Soutine erwählt, der neben Picasso und Modigliani in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts durch die Straßen von Paris wanderte. "Soutines letzte Fahrt" heißt das Buch, das der Rezensent ziemlich gelungen findet, nicht nur für ein Erstlingswerk, und um diese letzte Fahrt geht es auch. Wegen eines Magengeschwürs sollte Soutine zum Arzt, 1943 für einen jüdischen Künstler keine leichte Angelegenheit, berichtet Kunisch. Seine damalige Geliebte, Marie-Berthe Aurenche, begleitete ihn, Dutli stellt sie aber Soutine nicht blass zu Seite, lobt der Rezensent, sondern lässt auch sie zu ihrem Recht kommen. Wollte man Dutlis Stil als Romanautor beschreiben, meint Kunisch, man könnte sich einfach eines der Bilder von Soutine angucken: expressiv-poetisch, obsessiv und sicher nicht jedermanns Sache.
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Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 09.03.2013

Ralph Dutlis Roman "Soutines letzte Fahrt" hat Rezensentin Beatrice von Matt sichtlich beeindruckt. Das Vorhaben des Autors, das Lebens des jüdisch-weißrussischen Malers Chaim Soutine (1894-1943) zu schildern, scheint ihr "kühn", aber rundum gelungen. Sie attestiert Dutli, die richtige Balance zwischen Fiktion und Dokumentation gefunden zu haben. Besonders hebt sie hervor, dass die Annäherung an das Innere des Künstlers nie pathetisch wird und immer auch eine Distanz bleibt. Dutlis Erzählansatz, den im Fieber- und Morphiumrausch halluzinierenden Maler in seinen letzten Tagen auf der Flucht vor den Besatzern von Paris zu begleiten, scheint ihr überzeugend umgesetzt. Soutine wird für sie verständlich als ein "Bedingungsloser, der es sich versagt, in der Welt heimisch zu werden". Das Fazit der Rezensentin: ein "literarisches Kunstwerk", das seinem Protagonisten auf berührende Weise gerecht wird.