Olivia Wenzel

1000 Serpentinen Angst

Roman
Cover: 1000 Serpentinen Angst
S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2020
ISBN 9783103974065
Gebunden, 352 Seiten, 21,00 EUR

Klappentext

"Ich habe mehr Privilegien, als je eine Person in meiner Familie hatte. Und trotzdem bin ich am Arsch. Ich werde von mehr Leuten gehasst, als meine Großmutter es sich vorstellen kann. Am Tag der Bundestagswahl versuche ich ihr mit dieser Behauptung 20 Minuten lang auszureden, eine rechte Partei zu wählen." Eine junge Frau besucht ein Theaterstück über die Wende und ist die einzige schwarze Zuschauerin im Publikum. Mit ihrem Freund sitzt sie an einem Badesee in Brandenburg und sieht vier Neonazis kommen. In New York erlebt sie den Wahlsieg Trumps in einem fremden Hotelzimmer. Wütend und leidenschaftlich schaut sie auf unsere sich rasant verändernde Zeit und erzählt dabei auch die Geschichte ihrer Familie: von ihrer Mutter, die Punkerin in der DDR war und nie die Freiheit hatte, von der sie geträumt hat. Von ihrer Großmutter, deren linientreues Leben ihr Wohlstand und Sicherheit brachte. Und von ihrem Zwillingsbruder, der mit siebzehn ums Leben kam.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 09.06.2020

Cornelia Geißler lernt die vielfältigen Formen der Ausgrenzung kennen mit Olivia Wenzels Roman. Was es heißt, als Punk in der DDR aufgewachsen zu sein oder einen angolanischen Vater zu haben, erzählt die Autorin laut Geißler ohne viel Handlung, dafür mit Unbehagen erzeugenden Szenen über Rassismus und Homophobie. Witzig ist der Text laut Geißler aber auch. Und er fordert die Leserin mit einer von Slang durchsetzten temporeichen Sprache heraus.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 16.05.2020

Rezensent Felix Stephan liest mit Olivia Wenzels "1000 Serpentinen Angst" ein "bemerkenswertes" und bedeutsames Buch. Bemerkenswert ist es vor allem deshalb, weil hier eine schwarze ostdeutsche Frau über ihre Doppelrolle als dreifach Marginalisierte und zugleich Profiteurin des marginalisierenden Systems reflektiert, so Stephan. Bedeutsam ist es, weil es ihr dadurch gelingt, die Rassismen und Sexismen, die ihr begegnen, als solche zu erkennen, sie zu analysieren und zu kritisieren, ohne in der Minderheitenrolle aufzugehen. Das Resultat: "identitätspolitisches und linkes Denken" werden voneinander entbunden. Der Roman ist größtenteils in Dialogform geschrieben, wobei nie aufgelöst wird, wer hier eigentlich mit wem spricht. Feststeht: Eine Stimme beschreibt und reflektiert, die andere stellt aufmüpfige Fragen. Diese Form erlaubt es der Autorin, die Erzählerin immer wieder herauszufordern, Widersprüche offen zu legen und auszuhalten. Dieses Buch ist eine große literarische Leistung und ein wichtiger Beitrag zum identitätspolitischen Diskurs der Gegenwart, lobt der begeisterte Rezensent.
Lesen Sie die Rezension bei buecher.de

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 25.04.2020

Rezensent Fridtjof Küchemann bekommt mit Olivia Wenzels Debütroman ein schonungsloses wie zärtliches Buch. In den drei Teilen des Romans folgt der Rezensent der als "Person of Colour" in der DDR und dann im Osten Deutschlands unter Ausgrenzungserfahrungen leidenden Ich-Erzählerin auf einer Odyssee durch Therapeutensitzungen und die eigene schwierige Vergangenheit. Das von der Autorin als Autofiktion bezeichnete Buch besticht laut Küchemann durch Klarheit, Reflektiertheit und Bissigkeit, spitze Dialoge sowie eine empfindsame Protagonistin.
Lesen Sie die Rezension bei buecher.de