Oleg Senzow

Haft

Notizen und Geschichten
Cover: Haft
Voland und Quist Verlag, Dresden und Leipzig 2021
ISBN 9783863912925
Gebunden, 432 Seiten, 26,00 EUR

Klappentext

145 Tage lang war der ukrainische Regisseur und Maidan-Aktivist Oleg Senzow im Hungerstreik. In dieser Zeit hat er Tagebuch und Kurzgeschichten geschrieben. Seine Schilderungen geben Einblick in den Alltag in der russischen Strafkolonie "Eisbär" in Labytnangi Polarkreis, in der er seine Lagerstrafe bis zu seiner vorzeitigen Freilassung verbüßen musste. Senzow beschreibt die körperlichen Veränderungen, die während der ausgesetzten Nahrungsaufnahme mit ihm vor sich gehen, das launische Wetter in dieser unwirtlichen Gegend, seine Lektüren und die Erinnerungen an die Revolution auf dem Maidan im Winter 2013/14, an der er unmittelbar beteiligt war. Er porträtiert Mitgefangene und beleuchtet die Mechanismen eines brutalen und menschenverachtenden Rechts- und Haftsystems, in dem der betreuende Lagerarzt Senzows einzige vertrauenswürdige Stütze ist.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 02.02.2022

Rezensent Jens Uthoff nimmt die eintönigen Schilderungen des Lageralltags in Kauf, wie sie Oleg Senzow in seinem Lagertagebuch niedergeschrieben hat. Daneben beschreibt der von 2014 bis 2019 am Polarkreis inhaftierte Regisseur, seinen Hungerstreik,  Lektrüeerlebnisse, Fußball, Besuche und Mithäftlinge, infomiert Uthoff. Dass der Text weitgehend im "Originalzustand" belassen wurde, sorgt zwar für manche Länge, aber eben auch für Authentizität, meint Uthoff. Zu diesem Eindruck gehört auch, dass sich Senzow dem Rezensenten in seiner ganzen Ambivalenz präsentiert: als Opfer des russischen Regimes, aber auch als Mann mit fragwürdigen politischen Meinungen, Vorurteilen und einem "soldatischen Männerbild".

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 29.12.2021

Rezensent Ulrich Schmid kann an Oleg Senzows Lageraufzeichnungen nichts Monotones finden. Im Gegenteil scheinen ihm Senzows Beschreibungen des tristen Lageralltags während seines Hungerstreiks trotz aller Eintönigkeit zwingend und tief berührend. Das liegt laut Rezensent auch an der kaum bearbeiteten Rauheit des Textes, der die Erfahrungswelt und die Gedanken des Maidan-Aktivisten "ungefiltert" wiedergibt. Zudem vermitteln Senzows Lektüreeindrücke und seine intensiven Porträts von Mithäftlingen zusammen mit den durch den Hungerstreik verursachten körperlichen Veränderungen eine "surreale Dramatik", die den Kritiker an Tschechow und Dostojewski erinnert.
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Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk Kultur, 14.12.2021

Rezensentin Olga Hochweis kann die deprimierende Wirkung von Oleg Senzows Tagebuch aus der sibirischen Lagerhaft während seines Hungerstreiks ab Mai 2018 nicht leugnen. Doch neben all den niederschmetternden Realien des Lageralltags, der Kälte, der Ohnmacht, vermittelt ihr Senzow, dessen Hungerstreik die Freilassung ukrainischer politischer Gefangener bewirken sollte, auch Hoffnung. Die Kraft und Entschlossenheit, die immer wieder auch aus den Einträgen spricht, verblüffen Hochweis. Wenn Senzow über Fußballspiele im TV schreibt, über Rockmusik, seine Träume und Lektüren schwingt darin für die Rezensentin eine "geistige Freiheit" mit, die ihr verehrungswürdig erscheint.