Norbert Mappes-Niediek

Die Ethno-Falle

Der Balkan-Konflikt und was Europa daraus lernen kann
Cover: Die Ethno-Falle
Ch. Links Verlag, Berlin 2005
ISBN 9783861533672
Kartoniert, 220 Seiten, 14,90 EUR

Klappentext

Der Kopftuchstreit in Westeuropa macht deutlich, dass es auf die Frage nach dem angemessenen Umgang liberaler Staaten mit unterschiedlichen Kulturen keine einhelligen Antworten gibt. Wer soll für den Religionsunterricht zuständig sein? Wie regiert man multiethnische Gesellschaften? Welche Rechte soll man Minderheiten einräumen? Im Buch wird das Modell des "ethnischen Gleichgewichts" beschrieben und gezeigt, wie es Jugoslawien in die Katastrophe führte. Statt aus dieser Erfahrung zu lernen, machen die meisten neu gegründeten Balkanstaaten heute jedoch denselben Fehler.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 01.03.2006

Klug und richtig und wertvoll seien des Autors Analysen zur "Ethno-Falle", wenngleich, heißt es bei Rezensent Peter Rutkowski, nicht wirklich neu. Mappes-Niedik versuche, anhand der jüngsten Geschichte Ex-Jugoslawiens eine Art "Regierungstheorie" für multikulturelle Gesellschaften zu skizzieren. Eine demokratische selbstverständlich. Obwohl, referiert der Rezensent, noch im geeinten Jugoslawien die heute problematischen "ethnischen Kollektive" lanciert worden seien. Von "Westen nach Osten", laute eine Kernthese des Autors, nehme mit dem Individualismus auch Toleranz und Vernunft immer mehr ab. Anders formuliert heiße dies für Mappes-Niediek, je mehr Gruppen in einem "minderheitenfreundlichen" Staat rechtlich voneinander getrennt würden, desto weniger könne sich der Einzelne individuell definieren und sein Gegenüber als Individuum und nicht als feindlichen Gruppenangehörigen wahrnehmen. Auch wenn der Autor in vielem ein nicht unbekanntes Plädoyer für "Frieden und Toleranz" halte, plädiert der Rezensent gleichwohl auf "lesenswert". Denn gerade individuelle "Anekdoten und Argumente" seien zu diesem Thema wichtig.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 21.01.2006

Als einen "sehr lesenswerten Beitrag zum Verständnis der jugoslawischen Tragödie" würdigt der  "Wok" zeichnende Rezensent dieses Buch des Journalisten und Balkan-Kenners Norbert Mappes-Niediek. Der Autor lege dar, wie Jugoslawien durch den Versuch, ethnische Gegensätze zu beseitigen, erst in die "Ethno-Falle" geraten sei. Mit dem Erreichen der erwünschten Gleichberechtigung hätten sich die ethnischen Gruppen nicht einfach aufgelöst, sondern weiter miteinander konkurriert. Im System des Gleichgewichts sei jedoch nichts übrig geblieben, über das sie sich sinnvoll hätten streiten können - außer über die Existenz des jeweils andern. "Es war der Weg in den Krieg", zitiert der Rezensent den Autor. Er betont, dass Mappes-Niediek diese unheilvolle Entwicklung auch als Lehrbeispiel für Europa darstellt.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 19.10.2005

Von einem Blick in die jugoslawische Geschichte, glaubt der Balkanexperte Norbert Mappes-Niediek, könnte die Europäische Union eine Menge lernen, und Rezensent Rüdiger Rossig gibt ihm da Recht: zum Beispiel, wie man über den ethnisch oder national angelegten Interessenausgleich direkt in die Katastrophe steuert. Denn dass der Vielvölkerstaat so gewaltsam auseinander brach, erklärt Mappes-Niediek damit, dass die Rechte der Völker die Rechte der Individuen ersetzt hatten: Wer einen Posten wollte, musste nicht qualifiziert sein, sondern der richtigen Volksgruppe angehören. Nach Titos Tod funktionierte dieses System nicht mehr, und der Kampf um die immer knapperen Ressourcen wurde immer brutaler ausgefochten - und zwar entlang der ethnischen Linien. Rezensent Rossig ist von Mappes-Niedieks Theorie überzeugt und gibt zu bedenken, dass Minderheitenrechte zwar eine gute Sache seien, noch besser wäre es aber, Verhältnisse zu schaffen, in denen Individuen nicht als Vertreter einer Volksgruppe oder Religion angesehen werden.