Niklas Holzberg

Catull

Der Dichter und sein erotisches Werk
Cover: Catull
C.H. Beck Verlag, München 2002
ISBN 9783406485312
Gebunden, 228 Seiten, 24,90 EUR

Klappentext

Niklas Holzberg legt mit diesem Band die erste moderne deutschsprachige, für ein breites Publikum geschriebene Gesamtdarstellung über Leben und Werk des römischen Dichters Catull vor. Dabei bietet das Buch eine Orientierung über Catulls Stellung in der römischen Gesellschaft, aber auch über deren sexuelle Normen, mit denen der Dichter sein lockeres Spiel treibt. Im Zentrum steht der Liebesdichter und damit - wie könnte es bei Catull auch anders sein - natürlich vor allem sein meist beißender Witz und seine Vorliebe für pralle Erotik. Es wird deutlich, welche Ordnung das Sexualleben Roms im 1. Jahrhundert v. Chr. bestimmte und welche Konsequenzen sich aus der Einhaltung oder aus einer Missachtung dieser Normen für Römer und Römerinnen ergeben konnten. Die zahlreichen - teils anmutigen, teils obszönen - Gedichtbeispiele wurden ins Deutsche übertragen.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 15.07.2002

Kurt Flasch, der Rezensent, ist ein wohlerzogener Herr aus gutbürgerlichen Verhältnissen und geheuer ist ihm nicht, das gibt er ein ums andere Mal zu, wie unverblümt der Autor des Buchs aufs Sexuelle zu sprechen kommt. Andererseits tut Holzberg, das räumt der Rezensent auch ein, es einfach dem Gegenstand nach, der es an Frivolität nicht fehlen lässt. Fachlich hat Flasch jedoch überhaupt nichts einzuwenden, er lobt die genauen Kenntnisse Holzbergs, der ungeahnte Verbindungen zu anderen AutorInnen (Sappho vor allem) herzustellen verstehe, überhaupt die Neuheit des Ansatzes, die Verständlichkeit von Sprache und Argumentation. Auch die von Holzberg vorgenommenen neuen Übersetzungen Catullscher Gedichte finden das uneingeschränkte Lob des Rezensenten. Nur, eben, die allzu explizite Rede von Penetrierenden und Penetrierten, die findet er ein wenig penetrant.
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Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 25.05.2002

Catull ist, wie der Rezensent Thomas Ribi einleitend feststellt, keineswegs ein leicht verständlicher Autor. Hinter der Obszönität vieler seiner Verse - die einen Teil der Attraktivität ausmacht - steckt beträchtlicher Anspielungsreichtum. Das Ziel dieser Monografie ist es, diesen herauszuarbeiten und die 116 Gedichte Catulls, die als zusammenhängender Zyklus gelesen werden, auch für den Laien verständlich zu machen. Holzberg verzichtet auf biografische Spekulation ebenso wie auf explizite Auseinandersetzung mit der Forschung - neuere Diskussionen zur "Geschlechterordnung im antiken Rom" spielen jedoch in die Analysen hinein, berichtet der Rezensent. Die Ergebnisse der Interpretationen scheinen ihm im wesentlichen "plausibel, oft überraschend" - gelegentlich äußert er denn doch leise Vorbehalte, etwa die mögliche Überbetonung des Erotischen, des Ironischen und des Komischen betreffend. Summa summarum taugt ihm dieser Band aber als "anspruchsvolle Einführung" in das Werk des unterschätzten Dichters.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 26.03.2002

Ein wenig skeptisch schaut unser Rezensent schon. Seinen für "zeitlos direkt" gehaltenen Catull als ein Missverständnis deklariert zu bekommen, kann schließlich kein Lateiner ohne weiteres hinnehmen. Oder doch? Wie der Autor den "realen Menschen" Catull hinter einer zeitgebundenen, artistischen, "rein literarischen Existenz", zum Verschwinden bringt, hält Burkhard Müller immerhin für "schlüssig". Die Erklärung des Catullschen Werkes als einer "Rollendichtung", die auf den Geschmack einer "einheitlich- phallokratischen Grundordnung" im alten Rom abzielt, findet er durchaus erhellend. Richtig dankbar zeigt sich Müller über den "unbefangenen Blick auf Catull", wenn der Autor etwa "futuere" nicht wie üblich mit "beischlafen", "sondern unverblümt als 'ficken' wiedergibt" und frivole Bezüge aufdeckt, "wo man sie bisher nicht vermutet hätte". Leider treibt Holzberg es etwas zu weit damit (sein Spürsinn bekommt etwas "Monomanisches"), der Rezensent zeigt deutliche Ermüdungserscheinungen und siehe da: Catull ist plötzlich wieder der Alte. Seine Gedichte springen aus dem Korsett der Holzbergschen Strukturanalyse "wieder heraus wie die Kügelchen eines Geduldspiels aus den Vertiefungen". Und der Lateiner ist irgendwie erleichtert.
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