Nathanael West

Eine glatte Million

Oder: Die Demontage des Lemuel Pitkin. Roman
Cover: Eine glatte Million
Manesse Verlag, München 2011
ISBN 9783717522324
Gebunden, 224 Seiten, 19,95 EUR

Klappentext

Aus dem Amerikanischen von Dieter E. Zimmer. Die Welt gehört den Braven und den Tüchtigen! - Das jedenfalls glaubt Lemuel Pitkin, der in seiner jungenhaften Einfalt fortwährend an die Falschen gerät: an Revolver-Kapitalisten, Rattenfänger, Rowdys. Doch sosehr man ihn auch schröpft und schindet, hartnäckig hält unser Yankee von der traurigen Gestalt an seinen Idealen fest. Lemuel opfert nacheinander Auge, Daumen, Gebiss, Bein, Skalp, zuletzt gar sein Leben, um - Ironie des Schicksals - posthum doch noch zu höchstem Ansehen zu gelangen: als Märtyrer einer Sache, die nie die seine war. So monströs das Schicksal des Helden, so arglos der Duktus des Vortrags. Noch die größten Abscheulichkeiten werden mit vollendetem Gleichmut vorgebracht.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 05.11.2011

Mit Nathanael Wests "Eine glatte Million oder die Demontage des Lemuel Pitkin" hat Rezensent Werner von Koppenfels einen ganz wunderbar bösartigen, satirischen Roman über das amerikanische Glücksversprechen gelesen. Die mit distanzierter Ironie erzählte Geschichte um den naiven Lemuel, der sich stets unter dem Einfluss fremder Interessen auf eine Reise durch Amerika begibt und dabei nach und nach seine Zähne, ein Auge, ein Bein, seinen Skalp, nicht aber den Glauben an seinen Erfolg verliert, erinnert den Rezensenten an Voltaires bissige Satire "Candide". Ebenso sarkastisch lasse auch West in seinem bereits 1933 erschienenen Roman eine Instanz - den faschistischen Demagogen Mr. Whipple - völlig unbeeindruckt vom Gegenteil die Chancen einer besseren Welt verkünden. Für Lemuel bestehen diese darin, dass er zunächst seinen skalplosen Schädel in einem "Kabinett amerikanischer Scheußlichkeiten" ausstellt, später als Objekt für witzige Prügelszenen von einem Komikerduo verpflichtet wird und schließlich unter "Heil Pitkin"-Rufen das Manifest von Whipples faschistischer Partei vorlesen darf. Der Kritiker lobt Wests "hohe Kunst des Spaßverderbens" und nicht zuletzt dank des aktualisierten und erweiterten Nachwortes erscheint ihm die knapp vierzig Jahre alte, aber noch immer zeitgemäße Übersetzung von Dieter E. Zimmer als sehr lesenswert.
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Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 20.10.2011

Um eine "giftige Satire", die ihren Helden in groteske Situationen verstrickt und schrittweise vernichtet, handelt es sich bei diesem Roman aus dem Jahre 1934, wie Rezensent Hans-Peter Kunisch mitteilt. Auf seiner Suche nach den finanziellen Mitteln zur Rückzahlung einer Hypothek gerät der siebzehnjährige Lemuel Pitkin in allerlei üble Gesellschaft, erzählt Kunisch: etwa an einen hygienebesessenen Gefängnisdirektor, der Pitkin die Zähne entfernen lässt und ihm bei seiner Entlassung ein übergroßes Gebiss mit auf den Weg gibt. Der Untertitel ist also durchaus wörtlich gemeint, wie wir erfahren, als der Rezensent obendrein den Verlust eines Auges des Helden vermeldet. Im Finale dieser "fatalen Abwärtsdrift", die "böser erzählt" sei als Voltaires "Candide", müsse der Protagonist schließlich sein Leben lassen, werde aber immerhin noch Gegenstand rechtsradikaler Heldenverehrung. Insgesamt hat dieser dritte Roman des 1940 verstorbenen Natahanel West den Kritiker prächtig unterhalten; nicht zuletzt, da er "kein geistiges Idyll der amerikanischen Gesellschaft unversehrt" lasse.
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Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 09.07.2011

Voll des Lobes bespricht Rezensentin Renate Wiggershaus Nathanael Wests erneut in der "kongenialen" Übersetzung Dieter E. Zimmers herausgegebenen satirischen Roman "Eine glatte Million oder die Demontage des Lemuel Pitkin" - auch wenn sie dem Leser während der Lektüre zu viel Gleichmut rät: denn äußerst drastisch schildert West das Schicksal des siebzehnjährigen Lemuel, der von dem faschistischen Mr. Whipple, eine an Calvin Coolidge, den 30. Präsidenten der Vereinigten Staaten angelehnte Figur, aus der Heimat vertrieben wird, um im fernen New York den amerikanischen Traum zu leben. Lemuels Reise durch die verschiedenen Milieus verläuft anders als erhofft: Nach und nach verliert er Zähne, Augen, Finger, Fuß und Kopfhaut, wird zum Prügelclown zweier Komiker, schließlich bei einer im Auftrag Mr. Whippels einstudierten Rede auf offener Bühne erschossen, um dann durch dessen Partei zum Märtyrer instrumentalisiert zu werden. Dass diese "groteske Tragödie" nicht zum Slapstick gerät, liegt für die Rezensentin an Wests pointierten Beobachtungen, die ihrer Meinung nach durchaus etwas Befreiendes haben.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 05.05.2011

Auch wenn es mitunter recht erbarmungslos zugeht in diesem Roman von Nathanel West, scheint sich Tobias Lehmkuhl doch alles in allem ganz gut amüsiert zu haben. Ein "glatte Million" wird dem unbedarften Lemuel Pitkin in Aussicht gestellt, doch statt viel Geld zu gewinnen, verliert der Held dieser Geschichte nach und nach Auge, Bein, Skalp und Freundin. Dabei hätten ihm schon tausend Dollar genügt. Keinem anderen Helden der Weltliteratur werde so übel mitgespielt wie diesem Pitkin, muss Lehmkuhl feststellen, dem der Roman aber dank seines "ätzenden Witzes" und seiner "stilistischen Raffinesse" beträchtliches Vergnügen bereitet hat. Schön also, dass dieses Werk von 1934 nun wieder in einer "kenntnisreichen" Neuübersetzung von Dieter Zimmer zu haben ist.
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