Najem Wali

Jussifs Gesichter

Roman aus der Mekka-Bar
Cover: Jussifs Gesichter
Carl Hanser Verlag, München 2008
ISBN 9783446230064
Gebunden, 268 Seiten, 19,90 EUR

Klappentext

Aus dem Arabischen von Imke Ahlf-Wien. Jussif und Junis sind Brüder. Als Jungen waren sie beide in dasselbe Mädchen verliebt. Weil sie Jussif bevorzugte, gab Junis ihr einen Kuchen mit Nägeln zu essen. Sie starb, aber nicht Junis, sondern Jussif kam ins Gefängnis dafür. Seitdem ist das Verhältnis der Brüder ein Spiel mit Rollen und Masken, aus dem im Krieg tödlicher Ernst wird. Als Junis nach dem Aufstand gegen Saddam Hussein verschwindet, nimmt Jussif seinen Namen an. Viel zu spät erfährt er, dass sein Bruder alsHenker gesucht wird. Niemand will Jussif seine Geschichte und seine Unschuld glauben. Ein gefährlicher Kampf um Namen und Identitäten entbrennt, den nur einer der Brüder gewinnen kann. Ein bewegender, dunkler, intensiver Roman über den Irak - märchenhaft, burlesk und voller politischer Anspielungen.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 21.10.2008

Najem Walis Roman über ein verfeindetes Brüderpaar im Irak des Saddam Hussein hat Sabine Berking spürbar mitgenommen, allerdings stört sie, dass der aus dem irakischen Basra stammende, in Berlin lebende Autor es für nötig hielt, seine für sich sprechende Darstellung mit existenzialistischen Verweisen auf Werke von Dostojewski, Camus und Kafka zu überfrachten. Jussef gerät erst unschuldig ins Gefängnis, dann in die Armee, schließlich in die Folterkeller der Geheimpolizei und in die Irrenanstalt, während sein Bruder Junis Saddam als Folterer und Henker dient, fasst die Rezensentin zusammen. Es entspinnt sich eine "düstere Parabel über das Leben in Zeiten von Diktatur und Krieg", wobei die verwirrende Figurenvielfalt, die Identitätswechsel der Protagonisten und die Zeit- und Raumsprünge die Lektüre recht schwierig gestalten, wie Berking zugeben muss. So liest sich die Grausamkeit auf Grausamkeit türmende Geschichte ein wenig "surreal und absurd", findet die Rezensentin. Aber vielleicht ist das ja auch die einzige Möglichkeit, überhaupt darüber zu schreiben, meint Berking in Anlehnung an das von ihr zitierte Diktum von Kurt Vonnegut, dass sich "über ein Blutbad nichts Gescheites sagen" lässt.
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Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 24.05.2008

Najem Walis Roman "Jussifs Gesichter" hat Irene Binal sichtlich beeindruckt. Dabei findet sie das Buch nicht immer leicht zu lesen. Denn die Geschichte um einen Mann, der im Irak nach dem Sturz Saddam Husseins in die Rolle seines Bruders schlüpft, scheint ihr überaus komplex. Sie bescheinigt dem Autor ein raffiniertes Spiel mit Namen, Rollen, Identitäten. Wali schaffe brüchige Realiäten und eine "düstere Phantomwelt". Im Grunde versteht sie die verwickelte Handlung als ein Mittel, die chaotische Lage im Irak darzustellen. So erweist sich der Roman in ihren Augen auch als "großer Vexierspiegel", in dem das "entstellte Abbild eines verwundeten und verwirrten Landes" deutlich werde.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 11.03.2008

So richtig anfreunden kann sich Volker Breidecker mit dem Roman des im deutschen Exil lebenden irakischen Autors Najem Wali nicht, auch wenn ihn das Buch offensichtlich nicht völlig kalt gelassen hat. Mittelpunkt ist die Mekka-Bar, in der sich Tag für Tag Männer am "Tisch der Hoffnungslosen" einfinden, um sich Geschichten über Krieg, Folter und Gewalt zu erzählen, teilt der Rezensent mit, dem dieser geheimnisvolle Ort eine Spur zu "existentialistisch" daherkommt, zumal hier auch ständig Figuren von Kafka, Dostojewski oder Camus in Erscheinung treten. Als zentrale Handlung wird aber von Jussif erzählt, dessen Geliebte von seinem Bruder ermordet wird; Jussif wird dafür zur Verantwortung gezogen, der Bruder Junis dagegen steigt zum Folterknecht Saddams auf und kann sich auch nach dessen Sturz in mächtiger Position halten, fasst der Rezensent zusammen. Mühevoll findet er die mäandernde Erzählweise Walis und das komplizierte Konstrukt der Geschichte und zudem sieht er den Roman durch allegorische und parabolische Bedeutungsebenen etwas überfrachtet. Dafür hat ihn das Kapitel mit Jussif im Leichenschauhaus, wo ihm von "Stimmen" Erinnerungen sowie Apparate angeboten werden, die Erinnerungen zu löschen imstande sind, offenbar doch ziemlich beeindruckt.
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