Michelle Winters

Ich bin ein Laster

Roman
Cover: Ich bin ein Laster
Klaus Wagenbach Verlag, Berlin 2020
ISBN 9783803113528
Gebunden, 144 Seiten, 18,00 EUR

Klappentext

Aus dem kanadischen Englisch von Barbara Schaden. Agathe und ihr hünenhafter Ehemann Réjean haben das Geheimnis einer harmonischen und sinnlich erfüllenden Ehe entdeckt: großzügig akzeptierte kleine Lügen. Auch nach 20 Jahren freut sich Agathe über seine Angler-Erfolge - obwohl der mitgebrachte Fisch offensichtlich aus dem Kühlregal kommt. Als genau dieser Ehemann von einem ebensolchen Angelausflug nicht mehr heimkehrt und sein vielgeliebter Chevy Silver mitsamt dem unberührten Proviantkorb aufgefunden wird, tun sich allerdings ein paar Fragen auf. Der trauernden Agathe geht bald das Geld aus, und so fängt sie an, in einem kirmeligen Elektronikgeschäft zu arbeiten. Ihre Kollegin Debbie, eine Ex-Cheerleaderin, bringt ihr das Autofahren, das Rock-and-Roll-Tanzen und noch so manches andere bei. Gleichzeitig wird Agathe von Réjeans Autoverkäufer und, wie sich herausstellt, allerbestem Freund heimlich verfolgt. Bis der Verlorengeglaubte einigermaßen verändert plötzlich wieder vor der Tür steht.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 28.12.2020

Rezensent Stefan Michalzik hält Michelle Winters' Roman für außerordentlich stark. Schon dass die Autorin klischeefrei von starken Männern und Autos im "wilden" Kanada zu erzählen vermag, scheint ihm bemerkenswert. Die in den 70er und 80ern spielende Story um das plötzliche Verschwinden eines Ehemannes findet Michalzik pointiert und gekonnt mit Rückblenden und kriminalistisch gelegten Spuren spielend erzählt. Spannend, atmosphärisch und von untergründigem Witz, meint Michalzik.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 15.08.2020

In der verschneiten kanadischen Provinz verschwindet ein frankophoner Mann, nachdem er sich erstmals zaghaft mit einem Anglophonen angefreundet hatte, und seine Frau stößt bei dem Versuch, das Rätsel aufzuklären, auf Unvorhersehbares, fasst Rezensentin Katharina Granzin diesen Roman zusammen. Sie ist überzeugt, dass es Michelle Winters hier darum ging, vermeintliche Gegensätze ins Extrem zu treiben: Französisch vs. Englisch, Wein vs. Whiksy, Rock vs. Volk, Mann vs. Frau. Granzin versichert aber, dass dieses Gedankenexperiment der unterhaltsamen Lektüre keinen Abbruch tut.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 22.05.2020

Rezensentin Angela Schader freut sich über diesen "knallroten Versuchsballon" aus Kanada, wenn schon der Auftritt des Landes auf der diesjährigen Buchmesse womöglich ins Wasser fällt. Der Roman - mit deutschem Titel für die Rezensentin wesentlich sexier als im englischen Original "I am a truck" - erzählt von Réjean und Agathe, einem frankophonen, sexuell experimentierfreudigen Paar, und von einem englischsprachigen Autoverkäufer, der für Réjean schwärmt. Dabei erwarten den Leser einige überraschende Wendungen, die schnell vergessen lassen, dass nicht alle Handlungsstränge mit der "gleichen Eleganz" gebaut sind, meint die Rezensentin. Schade findet sie, dass der Sprachen-Clash zwischen Französisch und Englisch in der deutschen Übersetzung verloren geht. Ein "Appetithappen", zum "Lachen und zum Heulen", findet Schader, und hofft auf einen "Hauptgang" im Rahmen der Buchmesse.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 22.04.2020

Rezensent Jan Wiele scheint sich zu amüsieren mit Michelle Winters Roman, auch wenn er ihn als eine Art "satirische" Neufassung von Hugh MacLennans "Two Solitudes" von 1945 aufnimmt. Hier wie dort, erklärt Wiele, geht es um den Zusammenprall zwischen anglo- und frankophoner Kultur in Kanada, nur dass Winters ihn halb kriminalistisch, halb witzig anhand des Verschwindens eines gestandenen Ehemannes ausexerziert, ein bisschen wie Jarmusch es machen würde. Barbara Schadens Übersetzung, die anglo-französische Dialoge à la "Je drive mon truck" so stehenlässt, macht Wiele besonders Spaß.
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