Michael Schwelien

Joschka Fischer

Eine Karriere
Cover: Joschka Fischer
Hoffmann und Campe Verlag, Hamburg 2000
ISBN 9783455113303
Gebunden, 304 Seiten, 20,40 EUR

Klappentext

Michael Schwelien erklärt Fischers Politikstil, seinen Machthabitus auch aus den Stürmen seiner Biografie: wie die familiäre Vertreibungsgeschichte seine Kosovo-Politik beeinflusst - warum er die Grünen als Sprungbrett seiner Karriere erkannt hat - wie er seine Konversion von der "grünen Tonne" zum Jogging-Guru geschickt zm Gestus des prinzipientreuen Asketen wandelt - wie er sich in seinem Leben zum Außenseiter stilisiert hat. Eine faszinierende Karriere, die gleichzeitig das Altern einer ganzen Protestgeneration spiegelt.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 19.12.2000

Als eine episodische Annäherung an einen "Wandlungskünstler" hat Konrad Watrin die Fischer-Biographie aus der Feder des Zeit-Reporters Michael Schwelien gelesen. Amüsant, respektlos, lautet sein zunächst positives Urteil, das durch sich wiederholende Passagen und den etwas eifernden Ton dann doch etwas gedämpfter ausfällt. Der Autor erkläre die Wandlung des Rebellen zum beliebten Staatsmann als Symptom der Überanpassung, schreibt Watrin; er unterstelle Fischer einen deutlichen Hang zur Biederkeit und vor allem einen gnadenlosen Opportunismus. Dass jemand auch reifen könne in seiner Rolle, sei ein Gedanke, der dem Autor fern läge. Insofern nehme sich dann die Karriere Fischers nicht so viel anders aus als die eines amerikanischen Tellerwäschers, der zum Präsidenten aufsteigt. Vor allem wirft Schwelien dem Außenminister Bellizismus vor und mangelndes Engagement zur Abwendung des Jugoslawien-Krieges, behauptet Watrin. Alternativen würden nicht angedeutet. Für den Rezensenten zeigt die Karriere Fischers nicht nur die Wandlungsfähigkeit eines Menschen, sondern auch den Wandel der Bundesrepublik, die einst mit Abscheu auf Politiker wie Brandt und Wehner reagiert habe, weil sie Exil und/oder gescheiterte Ehen hinter sich hatten. Gegen das Exil sei Fischers Häuserkampf eher ein Sandkastenspiel gewesen, schreibt der Rezensent.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 18.10.2000

Interessant, aber eher im Sinne eines Symptoms, findet Martin Altmeyer diesen Band. Ihn scheint bei Schwelien eine Art Rhetorik des Verdachts zu stören, in der Fischer vor allem auf seinen politischen Ehrgeiz reduziert wird. Alles was er tut, dient demnach nur dem persönlichen Vorankommen und wird gar nicht in sich selbst betrachtet - so scheint es in Altmeyers Kritik. An sich richtige Beobachtungen sieht er so zur `Denunziation` werden, weil sie `einer bösartigen Dramaturgie folgen`. War Fischer wirklich ein `Kriegstreiber` im Kosovokrieg? War seine Diplomatie nur Vorwand? Ist seine Versöhnung mit dem Parlamentarismus politische Anpasserei? Altmeyer findet, dass Fischers Verdienste bei aller Zwiespältigkeit seiner Person nicht wirklich gewürdigt werden. Trotzdem konzediert er dem Buch, dass es in vielen Passagen ausgezeichnet recherchiert ist - dies scheint vor allem für Fischers politische Frühgeschichte in Frankfurter Spontikreisen zu gelten.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 09.10.2000

Die These des Autors, so Matthias Schatz, ist, dass Außenminister Fischer im Grunde gar kein Grüner ist sondern in erster Linie und immer schon seine eigene Karriere im Auge hatte. "Nicht zimperlich" geht er dabei um mit dem Mann, den er seit Frankfurter Uni-Tagen kennt, zeichnet seine Karriere nach vom Metzgersohn, abgebrochenen Oberschüler, Taxifahrer und Buchhändler über den Frankfurter Hausbesetzer, Grünen, ersten Landes-Umweltminister Deutschlands und schließlich Außenminister in Berlin. Der Autor kratzt dabei am Image des "intellektuellen Vordenkers und gebildeten Asketen" und legt den "Machtmenschen" frei, schreibt Schatz. Dabei äußert sich der Rezensent auch kritisch über einige Einschätzungen des Autors, findet beispielsweise nicht nachvollziehbar, dass Fischer seine Politik den "Amerikanern völlig untergeordnet" habe und weist auch auf die durchaus eigene Europa-Vision des Ministers hin. In jedem Fall findet er das Buch eine "schöne, leicht zu lesende Lektüre", die mit den Höhen und Tiefen des Politikers vertraut macht. Matthias Schatz empfindet, offenbar im Gegensatz zum Autor, die "Wandlungs- Anpassungs- und Lernfähigkeit Fischers" eher einen Grund für "Vertrauen in Politikfähigkeit".
Lesen Sie die Rezension bei buecher.de