Mark Lehmstedt (Hg.)

Der Fall Hans Mayer

Dokumente 1956-1963
Cover: Der Fall Hans Mayer
Mark Lehmstedt Verlag, Leipzig 2007
ISBN 9783937146416
Geheftet, 525 Seiten, 29,90 EUR

Klappentext

"Eine Lehrmeinung zuviel": mit diesem Fußtritt wurde Hans Mayer 1963 aus der DDR hinausgeworfen. Vorausgegangen waren sieben Jahre fortgesetzter öffentlicher Angriffe und nahezu lückenloser Überwachung durch SED und MfS. Die mehr als 260 Dokumente der "Akte Mayer" - darunter die Protokolle der von der Stasi abgehörten Gespräche mit Ernst Bloch - zeichnen ein genaues Bild der Hintergründe, Mechanismen und Zusammenhänge der "ideologischen Offensive", ihrer sichtbaren Akteure und geheimen Strippenzieher. "Prof. Mayer hat nach Ansicht des GI ihm gegenüber kein Misstrauen. So hat Mayer jetzt mal zum GI gesagt, dass Prof. Müller in Jena u. Hadermann in Halle von Spitzeln umgeben seien. An ihrem Institut in Leipzig sei das aber gottseidank nicht der Fall." (GI "Lorenz", 28. Januar 1958)

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 22.03.2007

Wer sich wirklich mit der Person Hans Mayer auseinandersetzen wolle, habe jetzt auf den über 500 Seiten, die Dokumente unterschiedlichster Art versammeln, erneut Gelegenheit und lege sich am besten auch gleich den im letzten Jahr erschienen Briefband mit dazu, so Erich Loest. In den Jahren 1956-1963 lehrte der ostdeutsche Literaturwissenschaftler Hans Mayer an der Leipziger Universität. Anhand des hier vorgelegten Materials und in der Zusammenschau mit den Briefen lasse sich aufs genaueste studieren, welchen staatlichen Repressalien Mayer und Ernst Bloch ausgesetzt gewesen seien (verwanzte Wohnungen, Bespitzelung im engsten Arbeitsumfeld, Anfeindungen durch die Parteispitze). Ebenso zeigen die Dokumente Mayers Weg zwischen Kompromiss und Widerstand, resümiert Loest. Im Laufe der Jahre sei die Frage, ob es möglich sei, in der DDR zu bleiben und zu lehren immer schwieriger geworden, auch weil eine neue Generation an die Universitäten strömte und diese selbst eine radikale ideologische Neuausrichtung erfuhren. Nach seinem erzwungenen Fortgang 1963 wurde die Bibliothek mit 5000 Büchern an die Humboldt-Universität übergeben und der "Fall Mayer" war für die DDR erledigt. "Ein spezielles Buch, aber ein erhellendes Buch - in diesen Tagen in Leipzig und anderswo", schließt der Rezensent.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 19.03.2007

Mit hohem Lob bedenkt Rezensent Gustav Seibt diesen Band zum "Fall Hans Mayer", den Mark Lehmstedt zum hundertsten Geburtstag des Literaturwissenschaftlers herausgegeben hat. Die in dem Band versammelten Dokumente der Ausforschung, Überwachung und Maßregelung Mayers durch die Staatssicherheit ergeben nach Ansicht Seibts ein "schauriges Gesamtgemälde". Er zeigt sich geradezu angeekelt von der "Blockwartmentalität", mit der Mayer ins Visier genommen wurde. Die Stasi-Berichte und Protokolle offenbaren für ihn eine Mischung aus "maßregelnder Spießigkeit, latentem Antisemitismus und Schwulenekel", bleiben letztlich aber ergebnislos, da sich eine Konspiration gegen die DDR nicht nachweisen lässt. Besonders bizarr erscheint Seibt, dass die zum Abhören Mayers eingesetzten Wanzen Namen und Identitäten erhielten, als handele es sich um reale Personen. Ziemlich peinlich mutet ihn die Einschätzung von Mayers Person an, die Dr. Nollau vom Bundesverfassungsschutz 1964 nach seiner Übersiedlung in den Westen abgab und die die Urteile der östlichen Staatssicherheit wörtlich übernahm. Schließlich würdigt Seibt die Leistung Lehmstedts, der den schön gestalteten Band im Alleingang und ohne jede öffentliche Förderung zustande gebracht hat und mit einem "großartigen" Kommentar ausgestattet hat.
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