German Kratochwil

Scherbengericht

Roman
Cover: Scherbengericht
Picus Verlag, Wien 2012
ISBN 9783854526827
Gebunden, 312 Seiten, 22,90 EUR

Klappentext

Unter dem blühenden Lindenbaum eines patagonischen Landguts, der die Kulisse von Clementines neunzigstem Geburtstag bildet, treffen zur Jahrtausendwende zwölf Personen aus drei Generationen aufeinander - Sommergäste, von denen jeder seinen Teil der gemeinsamen Geschichte der Auswanderung und Emigration aus einem aus den Fugen geratenen Europa mit sich trägt: die Wiener Jubilarin, ihr Sohn Martin, die Enkel Katha und Gabriel und all die anderen. Sie finden sich nicht bloß mit ungelösten Familienproblemen, sondern auch mit den Geistern der jüngsten Vergangenheit konfrontiert. Das schicksalhafte Gartenfest steigert sich zu einer tragikomischen Klimax trifft unausweichlich ein, unerwartet und wie nebenher. Unverblümt und schwarzhumorig entführt der Austroargentinier Germán Kratochwil in eine gleichermaßen exotische wie allzu vertraute Welt.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 28.11.2012

Jan Koneffke hat viel zu erzählen von diesem Roman, der so viel zu erzählen hat. Über drei Generationen europäischer Auswanderer in Patagonien dehnt sich die Geschichte, die German Kratochwil in seinem Debüt aufschreibt. Das geht nicht ohne Überfrachtungen ab, typische Anfängerfehler, nennt Koneffke das leicht überheblich. Was das Buch dem Leser an symbolischer Pastosität zumutet, tritt für den Rezensenten jedoch zurück hinter "menschenklugen", witzigen und hintersinnigen Schilderungen und Figurenbeschreibungen, etwa von der Großmutter Clementine, die "zwischen Grantigkeit und Operettenträllerei" angesiedelt ist. Ebenso überzeugend seien die verschiedenen Perspektiven und der souveräne Gang durch Räume und Zeiten umgesetzt. Koneffke zeigt sich gefesselt.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 28.09.2012

Mit viel Lob bedenkt Wolfgang Schneider diesen Debütroman des 74jährigen Autors Germán Kratochwil. Er liest den in Patagonien angesiedelten, am neunzigsten Geburtstag von Clementine Holberg spielenden Familienroman als eine mitunter groteske Gesellschaftskomödie. Das Ensemble der Familienmitglieder, der Freunde und Bekannten, die mit ihr diesen Tag feiern, scheint ihm skurril. Doch trotz der seelischen und politischen Abgründe, die sich hier auftun, bleibt der Ton "heiter und vital". Schneider schätzt Kratochwils gekonnten Wechsel der Perspektiven, die feine Darstellung der Konflikte und Animositäten, die pointierten Formulierungen und die "Beschreibungskunst". Sein Fazit: ein großes Lesevergnügen.
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Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 06.06.2012

Höchst verdienstvoll findet Carlos Widmann dieses vielstimmige späte Debüt des Austro-Argentiniers German Kratochwil. Das Buch erscheint ihm reich und durchaus nicht fiktiv. Denn was sich zuweilen zur Realsatire aufschwingt, zeugt für den Rezensenten vor allem vom guten Gehör des Autors. Oder absoluten Gehör, wie Widmann es sogar nennt, weil Kratochwil sein aus aller Herren Länder stammendes Personal (an die 30 Personen!) bis in den Sprachduktus genau zu zeichnen vermag. Trotz all der Stimmen - konfus wird der Text für Widmann nie. Im Gegenteil, die Handlung nimmt ihn schnell gefangen, entführt in nach Patagonien mit seiner Auswanderergesellschaft, genaue Milieuschilderungen machen dem Rezensenten die Umgebung vertraut und lassen ihn Menschen kennenlernen, "die man wiedererkennt".
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Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 26.05.2012

Aller anfänglicher Skepsis gegenüber Romandebüts im hohen Alter zum Trotz: Dirk Knipphals ist begeistert von dem "verdammt guten Erzähler" Germán Kratochwil, der für seine Geschichte einer "weitverzweigten Familien- und Freundesschar" mittels Rückblenden einen Erzählbogen aus dem Wien der Kaiserzeit über die Nazijahre hin zum Familienexil in Patagonien um die Jahrtausendwende spannt. Mit Freuden beobachtet der Rezensent dabei den Wandel in Ton und Sprache der zahlreichen Perspektiven, bewundert die handwerklich exzellente Rückblendenstruktur, sowie Kratochwils narratives Geschick und genießt dabei einige "erzählerische Glanzstücke". Somit zeigen beide Daumen des Rezensenten nach Lektüre dieses Romans über die "Lebenserfahrungen des 20. Jahrhunderts" steil nach oben.