Leonardo Padura

Der Nebel von gestern

Roman
Cover: Der Nebel von gestern
Unionsverlag, Zürich 2008
ISBN 9783293003880
Gebunden, 368 Seiten, 19,90 EUR

Klappentext

Aus dem Kubanischen Spanisch von Hans-Joachim Hartstein. Not macht erfinderisch. Auch Mario Conde, der sich als Antiquar durchs Leben schlägt - kein schlechtes Geschäft in Zeiten, in denen viele Kubaner ihre Bücher zu Geld machen müssen. Eines Tages stößt Conde auf eine außerordentlich wertvolle, seit vierzig Jahren vergessene Bibliothek. All seine Geldsorgen scheinen mit einem Schlag gelöst. Doch dann entdeckt er zwischen den bibliophilen Kostbarkeiten eine Zeitschrift aus den Fünfzigerjahren mit dem Porträt der Bolero-Sängerin Violeta del Rio. Ihr Bild und die einzige Schallplatte, die sie vor ihrem rätselhaften Tod aufgenommen hat, verzaubern ihn. Er macht sich auf die Suche nach ihr und dringt vor in das Havanna von gestern, zu den letzten Zeugen jener wilden Jahre, in die Welt der Boleros, der Mafia und der Spielhöllen, aber auch in das zerfallende, melancholische Havanna der Gegenwart.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 10.10.2008

Der Held aus diesem Roman von Leonardo Padura ist dem Rezensenten vertraut (aus Paduras "Adios Hemingway") und äußerst sympathisch. Nicht nur die beschriebenen rumseligen Abende im vorrevolutionären Havanna tragen dazu bei, auch die Skrupelhaftigkeit der Figur, ihre melancholische Moralität, sorgen dafür. Dass Reinhard Helling beim Lesen der "glänzenden" Übersetzung dem geschichtlichen Wandel Kubas, dem Verfall Havannas und den literarischen Vorbildern des Autors nachspüren kann, ohne dabei auf den Kriminalroman verzichten zu müssen, der um das Geheimnis einer berühmten Bolerosängerin kreist, lassen das Buch dem Rezensenten weniger als Überforderung an den Leser, sondern als Ereignis erscheinen.
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Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 04.09.2008

Wer in Kuba Polizist wird, tut dies meist, um legal in die Hauptstadt Havanna zu kommen, für die ein Zuzugsstopp gilt. Der verhindert zwar den Zustrom aus anderen Regionen des Landes nicht, die illegalen Einwanderer landen freilich meist in runtergekommenen Häusern in übel beleumundeten Gegenden der Stadt. Dies ist das Milieu, so der Rezensent Knut Henkel, in dem Leonardo Paduras Held Mario Conde diesmal ermittelt. Conde ist nicht mehr Polizist, sondern Buchantiquar. Als aber ein anderer Antiquar, der Schätze besitzt, ermordet wird, gerät er selbst in Verdacht. Genau wie gewohnt, lobt Henkel, verstehe Padura, das Kuba der Gegenwart zu beschrieben. Problematischer findet er den Versuch, mit Rückblenden in die Fünfziger Jahre diesmal auch eine historische Ebene einzuziehen. Der Kriminalhandlung bekomme das nicht unbedingt gut, an den Qualitäten als Gesellschaftsporträt ändere es letztlich wenig.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 05.08.2008

Auch in seinem sechsten Roman dient Leonardo Padura das Genre des Kriminalromans nur als Vehikel, um die vom Mangel bestimmte Realität von  Kuba zu dokumentieren, meint Knut Henkel. In "Der Nebel von gestern" gerät der unter die Buchhändler gegangene, ehemalige Kriminalkommissar Mario Conde in den Verdacht, den Altrevolutionär Dionisio Ferrero ermordet zu haben; er nimmt deshalb die Ermittlungen auf und seine Recherchen führen ihn tief ins vorrevolutionäre Kuba der 50er Jahre, wo eine bekannte Sängerin zu Tode kam, verrät der Rezensent. Eigentlich gelingt Padura der Spagat zwischen der Gegenwart und der Vergangenheit hervorragend, nur gegen Ende verliert der Plot des Romans etwas an Schwung, findet Henkel. Was aber dem Autor, der sich weniger dem Krimi als der Chronik seines Landes verpflichtet sehe, wie der Rezensent betont, wohl nicht so wichtig sei.
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