Kjell Westö

Das Trugbild

Roman
Cover: Das Trugbild
btb, München 2014
ISBN 9783442754311
Gebunden, 416 Seiten, 19,99 EUR

Klappentext

Aus dem Finnlandschwedischen von Paul Berf. Helsinki zur Zeit des Dritten Reiches: eine unmögliche Liebe und ein ungeheurer Verrat. Als Rechtsanwalt Claes Thune an diesem Morgen zur Arbeit erscheint, ist er zunächst verärgert. Er fragt sich, wo seine Sekretärin bleibt, die stets zuverlässige Matilda Wiik, sein Anker in schwierigen Zeiten, die Frau, die er lieben könnte, hätte er den Mumm, sich über Standesdünkel und Konventionen hinwegzusetzen.
Er selbst sieht die Ereignisse rund um das Dritte Reich mit Besorgnis, doch damit vertritt er in der finnischen Gesellschaft zunehmend eine Minderheitenposition. Ein wenig Rückhalt findet er im sogenannten "Mittwochsclub", einer Gruppe von Männern, die sich regelmäßig zum Gedankenaustausch trifft. Dass einer davon ein dunkles Geheimnis hütet, kann Thune nicht wissen. Es ist Matilda Wiik, die davon betroffen ist und die Sache schließlich in die Hand nimmt ...

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 12.11.2014

Stephan Opitz bleibt vage in seiner Besprechung von Kjell Westös neuem Roman, in dem es um einen Rechtsanwalt und seine Kontoristin im Jahr 1938 geht, um Wahn und die Idee von Reinheit und ihrer Durchsetzung mit Gewalt, so Opitz. Der "pathetisch-pathologische" Nationalismus Finnlands bildet den ideologischen Hintergrund der Geschichte. Besonders beeindruckt hat Opitz die Kraft des Erzählens in diesem Buch, das Kreisen um Menschen und ihr jeweiliges Wesen: "Jeder Mensch ist ein Mirakel". Darin scheint dem Rezensenten der Autor besonders begabt zu sein. Für Opitz wird so eine Welt am Rande Europas sichtbar, in der Gewalt unvermeidbar wird und die kommende Menschheitskatastrophe ankündigt.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 07.10.2014

Vier Romane stellt Sylvia Staude vor, die sich mit den drei großen Kriegen im Finnland des 20. Jahrhunderts beschäftigen: Der finnische Bürgerkrieg zwischen Roten und Weißen 1918, der äußerst brutal geführt wurde und das kleine Land fast zerriss, der Winterkrieg 39/40 gegen die Russen, und der Zweite Weltkrieg, in dem die Finnen die Nazis unterstützten, um die Russen aus ihrem Land zu vertreiben. Kjell Westös Roman "Das Trugbild" erzählt von der finnischen Gesellschaft nach dem Bürgerkrieg 1918. Die Wunden sitzen tief. Und der Antisemitismus wird immer stärker. In dem gut bürgerlichen "Mittwochs-Club" zeigen sich die Risse immer deutlicher, als der einzige Jude im Club immer isolierter wird. Gleichzeitig gibt es eine Frau, die von einem der Clubmitglieder während des Bürgerkriegs vergewaltigt wurde. Erst ganz zum Schluss sagt Westö, wer es war, so die Rezensentin. Doch der Roman sei kein Krimi, da habe er doch ganz andere Qualitäten.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 04.10.2014

Unvergessliche Charaktere, nordische Geschichte und universelle Wahrheiten über das Verhalten Intellektueller im Krieg und im Faschismus nimmt Karl-Markus Gauß mit aus der Lektüre von Kjell Westös Roman. Dass der Autor der finnlandschwedischen Minderheit angehört und in seinen Büchern keinem folkloristischen Traditionalismus nachhängt, hält Gauß für bemerkenswert. Allerdings geht so die gesamte finnlandschwedische Literatur: einfallsreich, kunstvoll, weiß Gauß. Wenn Westös in diesem Buch thematisch weiter die Entwicklung der finnlandschwedischen Gesellschaft verfolgt, kann der Rezensent also elegante Komposition und spannende Erzählweise erwarten. Die historisch-politische Ebene des Romans, der Bürgerkrieg, die Lagergewalt und der Faschismus, enthüllt sich dem Rezensenten darüber erst langsam, da der Autor die Lebensgeschichten seiner Figuren mit großer Dezenz entfaltet und ihre Verstrickungen Stück für Stück offenlegt.