Joshua Cohen

Witz

Roman
Cover: Witz
Schöffling und Co. Verlag, Frankfurt am Main 2022
ISBN 9783895616297
Gebunden, 912 Seiten, 38,00 EUR

Klappentext

Aus dem Amerikanischen von Ulrich Blumenbach. "Witz" - das heißt nicht nur Scherz, sondern auch Sohn. Benjamin ist der einzige Sohn und das dreizehnte Kind von Hausfrau Hanna und Rechtsanwalt Israel Israelien, die von Überlebenden der Shoa abstammen. Er kommt am letzten Weihnachten des letzten Jahrtausends vollständig ausgewachsen und mit Bart und Brille in New Jersey auf die Welt, als eine mysteriöse Seuche die gesamte jüdische Bevölkerung der USA dahinrafft. Benjamin überlebt als Einziger und wird zunächst zur Kultfigur, als das aufs Neue ausgerottete Judentum auf einmal schick wird. Doch in diesem Roman der Umkehrungen und Rollenspiele, in dem nun die Nichtjuden verfolgt werden, wird auch Benjamin wieder zum Ausgestoßenen und Gejagten und wiederholt das Leben in der Diaspora. Gegen die Verkitschung des Holocaust zieht Joshua Cohen, der vielbeachtete Autor von "Buch der Zahlen", alle Register der Komik und Parodie, mischt Biblisches mit Stand-up-Comedy, Hochkultur mit Trash, Familiengeschichte mit Slapstick. So gelingt ihm ein fulminantes Opus magnum: mit "Witz".

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 02.04.2022

Rezensent Felix Stephan ist gespannt, wie die deutsche Erinnerungskultur mit Joshua Cohens Roman umgehen wird. Denn Vorhaben des amerikanischen, aus einer jüdischen Familie stammenden Autors sei es in diesem Buch, dem feierlichen Ernst vor allem staatlicher Repräsentationen der Shoah etwas entgegenzusetzen, das wieder mehr mit der chaotischen Struktur von historischer Erfahrung zu tun habe, so Stephan. Und Cohen tue dies, in "genialischer" Weise, wie der Kritiker findet, indem er eine an sich schon sehr unernste Handlung - nach einer Seuche zu Beginn des 21. Jahrhunderts überlebt nur ein einziger Jude, der daraufhin zum Superstar avanciert - mit "verlaberter" und "opulenter" Sprache voller albern wirkender Alliterationen, Reime und erfundener Wörter zudeckt (vom soliden Boliden liest Stephan etwa). Dass Übersetzer Ulrich Blumenbach diese James-Joyce-artige Wucht (900 Seiten) so schnell gebändigt bekommen habe, lässt den Kritiker staunen. Von ihm gibt es Applaus - ob der Roman nicht aber eher "freundliches Weghören" ernten werde, bleibe abzuwarten.
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Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk, 28.02.2022

Rezensent Samuel Hamen hat es nicht leicht mit Joshua Cohens Roman, den er als Familiensaga und Gesellschaftssatire versteht. Allein die Idee, eine Welt ohne Juden zu entwerfen, in der die letzten Exemplare wie Museumsobjekte behandelt werden, scheint Hamen irrwitzig. Sprachlich fordert ihn der Text zudem durch Wortspiele, Verweise, Kalauer und einen unübersehbaren Hang zur Sinnentleerung. Die meisterliche Übersetzung von Ulrich Blumenbach und sein Glossar im Anhang bieten da leider auch nur spärliche Orientierung, meint Hamen. Ob es sich um einen originellen, größenwahnsinnigen oder bloß anstrengenden Text handelt, muss der Leser selbst entscheiden, findet er.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 15.02.2022

Groß findet die deutsch-amerikanischen Literaturwissenschaftlerin Susanne Klingenstein Joshua Cohens "Witz" - als Roman wie auch als Sprachkunstwerk. Wie sie kenntnisreich erklärt, wurzelt dieser Monumentalroman tief in der jüdischen Kultur der Textauslegung, in der amerikanischen Literaturgeschichte und in der Geschichte des Holocaust. Der auch im amerikanischen Original titelgebende "Witz" beziehe sich ebenso auf den "Scherz" wie auf das Vernichtungslager Ausch-witz und das slawische Suffix -witz in der Bedeutung "Sohn von". Der Roman erzählt die Geschichte von Benjamin, der als einziger den plötzlichen Tod aller Juden in Amerika überlebt und damit zum gefragten Mann in den Talkshows wird. Daraus entfalte Cohen Szenen von unwiderstehlicher Komik, versichert Klingenstein, die aber auch den Ernst der Sache nicht übersieht: Cohen stemmt sich mit seinem Romanwerk auch gegen die Verflachung der Welt. Wie Ulrich Blumenbach diesen nur mit "Finnegans Wake" vergleichbaren Sprachrausch ins Deutsche übertragen hat, findet sie, von ganz wenigen Pannen abgesehen, geradezu unglaublich. 
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