Joseph Conrad, Ford Madox Ford

Bezauberung

Abenteuerroman
Cover: Bezauberung
Achilla Presse, Hamburg - Bremen 2000
ISBN 9783928398572
Gebunden, 624 Seiten, 28,63 EUR

Klappentext

Aus dem Englischen von Rainer G. Schmidt. Ford Madox Ford kam mit seinem Manuskript "Seraphina" nicht recht weiter. Sein Freund Joseph Conrad fand Gefallen an der Geschichte und vereinnahmte mehr und mehr dieses Buch, das später "Romance - Bezauberung" heißen sollte. Beide konzipierten und schrieben diesen Abenteuerroman über Seeräuber, macchiavellistische Politiker und schöne Frauen, wobei sie zwei Ziele verfolgten: erstens einen Bestseller zu schreiben, der viel Geld bringen sollte, zweitens eine Antwort zu suchen auf die Frage: "Wie kann man im 20. Jahrhundert schreiben?".

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 02.02.2002

In seiner sehr langen Besprechung, in der er Leben und Werk Ford Madox Fords ausführlich würdigt, ist es Uwe Pralle ein Anliegen, auf die hohe Erzählkunst des Schriftstellers hinzuweisen. Der Rezensent kann sich kaum erklären, warum Ford, obwohl er ein beachtliches Gesamtwerk hinterlassen und die für die literarische Moderne wegweisende Zeitschrift "Transatlantic Review" herausgegeben hatte, weitgehend in Vergessenheit geriet. Umso erfreuter ist Pralle, dass Fords zusammen mit Joseph Conrad geschriebener Roman "Bezauberung" nun zum ersten Mal auf Deutsch vorliegt. Dieser "Abenteuerroman" über den jungen Landedelmann John Kemp, der aus England in die Karibik flieht und dort sowohl in die Fänge der Piraterie als auch in eine romantische Liebesgeschichte gerät, basiert zwar, weiß Pralle, auf einer Novelle Fords, trägt aber überwiegend die Züge Conrads. Der habe hier wohl, vermutet der Rezensent, persönliche Erfahrungen verarbeitet, war er doch in seiner Jugend in die Karibik gesegelt und in Schmuggelgeschäfte verwickelt. Das Gemeinschaftswerk der beiden Autoren hält der Rezensent für misslungen. Der ganze Roman sei eine aus ungefügten Elementen errichtete Konstruktion, mäkelt Pralle. Kenner beider Autoren könnten dem Werk vielleicht den Reiz des Vergleichens abgewinnen, aber Fords Fähigkeit zur subtilen Figurenzeichnung bliebe hier leider weitgehend im Verborgenen.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 09.06.2001

Ein spannendes. literarisch wertvolles Werk ist dieser Roman, den Joseph Conrad und Ford Madox Ford zusammen geschrieben haben, findet Fritz Göttler. Diese nicht spannungsfreie kreative Zusammenarbeit hat nach Ansicht der Rezensenten ein Werk geschaffen, dass von "einer unglaublichen Lebendigkeit ist" - "gerade dann, wenn es zwiespältig, dissonant, spröde ist". Der Roman markiert nach Göttlers Meinung einen beachtlichen literarischen Entwicklungssprung in der Zeit um die Jahrhundertwende, die "von der Ahnung einer noch ungeformten Moderne gezeichnet ist" und die Erzählung bewegt sich immer "am Rande des Abgrunds, des Wahnsinns". Ein spannendes und "ein merkwürdiges literarisches Gewächs", so lautet die Bilanz des Rezensenten.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 16.11.2000

Hugo Dittberner nimmt das Buch vor allem zum Anlass, die beiden sehr unterschiedlichen Autoren zu porträtieren: Hier Ford Madox Ford, 24 Jahre alt, über 2 Meter groß, vermögend und als Sohn des Philosophen Franz Hüfner und Enkel des Malers Ford Madox Brown "ein Mann der Society und der Boheme". Dort Joseph Conrad, geboren in Polen, nach abenteuerlichen Seefahrten in England als Schriftsteller ansässig geworden, Mitte vierzig, kränklich, und viel kleiner als Ford. Ein Mann, "zusammengehalten von strenger Kleidung und vornehmer Haltung". Dittberner schreibt die Qualitäten dieses wüsten Abenteuerromans, der von Ford konzipiert wurde, vor allem der Überarbeitung durch Conrad zu. Seine Zutat sei "eine Dehnung zum Passiven, ein endloses Irren im Nebel". Am Ende sehe der Held nicht mehr aus wie 24, sondern wie Mitte vierzig. Ob Conrad damit seinen Anspruch eingelöst hat, "ein Don Quichote zu sein", lässt Dittberner offen. Er lobt jedoch ausdrücklich die "schwungvolle" Übersetzung von Rainer G. Schmidt. Nur bei der Ersetzung des Cockney-Englisch durch das Saarländische meldet er Zweifel an.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 05.07.2000

Ingeborg Harms lobt diesen "Wechselbalg" von einem Roman als "süffig zu lesenden Schwanengesang auf die romantische Sehnsucht". Sie beschreibt ausführlich die unterschiedlichen Temperamente und Stärken der beiden Autoren, die sich zwar in mancher Hinsicht hervorragend ergänzt haben, aber in Alter und Herkunft doch sehr unterschiedlich waren. Ford, damals 26, mutet seinem romantischen Helden allerhand Abenteuer zu, die seine "sittlichen Ideale" erschüttern, Conrad dagegen, damals 42, schrubbt die Farbe von der Prosa, bis der muntere Held sich in einen "bleichen Widergänger" verwandelt hat. Das Buch, so Harms, sei wie eine Werft, auf der zwei verschiedene Schiffe gebaut werden: eine "stolz dahinsegelnde Brigg" und ein "Geisterschiff mit morschen Planken."
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Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 23.03.2000

Klaus Harprecht wundert sich, daß eine "Schlüsselfigur" der englischen Literaturszene wie Ford Madox Ford in Deutschland ein Unbekannter geblieben ist. Er nutzt die Gelegenheit, den Unbekannten in einem ausführlichen Artikel zu würdigen. Fast siebzig Bücher gibt es von Madox Ford, darunter 32 Romane, und zwei davon sind jetzt in deutscher Übersetzung erschienen: "Die allertraurigste Geschichte", sein bestes Buch, wie Harprecht meint, sowie "Bezauberung", das der Rezensent keineswegs bezaubernd fand, obwohl es in Zusammenarbeit mit Joseph Conrad entstanden ist.
1) Ford Madox Ford: "Die allertraurigste Geschichte"
Die Geschichte um zwei Paare, die sich Jahr um Jahr in einem Kurort treffen, wobei die Ehepartner jeweils - wer hätte das gedacht - getrennte Wege gehen, sei keineswegs zutiefst traurig, meint Harprecht, sondern eher von "würgender Banalität". Ein feines Geflecht von Lügen, in die sich die Protagonisten verstricken; Liebeleien, viktorianischer Verhaltenskodex, alles "bloß Dekoration" und Heuchelei, findet Harprecht, in einem raffinierten Spiel, das den Leser immer wieder Scheinwahrheiten aufsitzen läßt. Dem in der Zeit des Ersten Weltkriegs entstandenen Roman wurden vom Herausgeber ein Brief des Autors, ein Nachwort sowie ein biografischer Essay erklärend zur Seite gestellt.
2) Joseph Conrad/ Ford Madox Ford: "Bezauberung"
Einen "Schmöker" nennt Harprecht dieses von Madox Ford mit Joseph Conrad gemeinsam verfaßte Werk, das nun das erste Mal in deutscher Übersetzung vorliegt. Alles, was das Leserinnenherz damals begehrte, wurde in diese Abenteuergeschichte hineingepackt: eine schöne Dame, ein edler Vater, ein intriganter Schurke, Piraten, Banditen, Mönche und sogar ein Schloß. Ein Buch "wie aus der Retorte" für den schnellen, allerdings ausbleibenden kommerziellen Erfolg gefertigt, meint Harprecht; nur das von Conrad allein verfaßte vierte Kapitel rage literarisch heraus. Die deutsche Übersetzung findet er angemessen, beanstandet allerdings die "peinliche" Übertragung von Cockney-Englisch in saarländischen Dialekt. Der Rezensent liefert in seinem Artikel noch weitere Informationen über die jahrelange Zusammenarbeit der beiden Autoren.