Jonathan Coe

Middle England

Roman
Cover: Middle England
Folio Verlag, Wien - Bozen 2020
ISBN 9783852568010
Gebunden, 480 Seiten, 25,00 EUR

Klappentext

Aus dem Englischen von Catherine Hornung und Dieter Fuchs. Benjamin Trotter zieht in eine romantische Wassermühle in die Grafschaft Shropshire, ins Herz des ländlichen England, um seinen Roman, an dem er schon 30 Jahre arbeitet, zu beenden. Seine Nichte Sophie fühlt sich im multikulturellen London zu Hause, lebt aber nach der Heirat mit ihrem Mann in der Provinz und spürt ein zunehmendes Unbehagen; ist auch er so fremdenfeindlich wie seine Mutter? Doug, Journalist und Labour-Anhänger, schämt sich für sein luxuriöses Leben im reichen Chelsea, das sich kaum jemand noch leisten kann. In den vermeintlich idyllischen Midlands mit festen Werten und Traditionen kommt eine bizarre Sehnsucht nach Englishness auf, und eine tiefe Kluft zieht in diesem abgehängten Landesteil durch alle menschlichen Beziehungen. Ab wann lief alles schief?

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 12.03.2020

Als politischen Roman möchte Rezensentin Sylvia Staude Jonathan Coes neues Buch nicht bezeichnen, eher als Familien- und Freundesgeschichte mit dem Brexit-Referendum als Hintergrund. Der im Original schon 2018 erschienene Text, laut Staude eine Fortsetzung von Coes "Klassentreffen" von 2006, behandelt das Zerbrechen einer Beziehung und die gesellschaftliche Stimmung in England ab 2012. Staude überzeugt der Roman durchaus mit "politischen Schlaglichtern", vor allem aber mit der unterhaltsamen, traditionell erzählten Geschichte eines allgemeinen Unbehagens.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 02.03.2020

Alexander Menden sieht in Jonathan Coes Roman schon ein Referenzwerk für historische Einzelheiten der Brexit-Ära. Wie der Autor seine Bestandsaufnahme literarisch aufzieht, scheint ihm hingegen weniger reizvoll. Allzu sehr geraten die Figuren im Text zu Pappkameraden und Platzhaltern politischer Positionen, allzu viktorianisch komplex auch kommt Menden das erzählerische Geflecht vor, das vor allem auf das Historische, weniger auf das Zwischenmenschliche abhebt, wie der Rezensent zu bedauern scheint. Eine weniger realistische, subtilere Umsetzung der drastischen britischen Verhältnisse zwischen 2010 und 2018 wäre Menden lieber gewesen.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 11.02.2020

Seit "Erste Riten" und "Klassentreffen" schätzt Rezensent Hannes Hintermeier Jonathan Coe als "feinfühligen Chronisten" britischer Gegenwart. Und auch dessen neuer, im Original schon 2018 erschienener Roman, der die Jahre 2010 bis 2018 verhandelt, steht dem in nichts nach, versichert der Kritiker, der das Buch als "satirisches Gesellschaftspanorama" preist. Coe fahre ein üppiges Ensemble an Figuren auf um Themen wie Brexit, Einwanderung, Ausländerfeindlichkeit, schlechte Arbeitsbedingungen oder die "versunkene Glorie der BBC" abzuhandeln, informiert der Rezensent, der hier "salonlinken" Politikjournalisten, alten weißen Männern, aufstrebenden Kunsthistorikerinnen oder erfolglosen Schriftstellern durch allerhand Verwicklungen und durch Birmingham folgt. Wenn Coe eindringlich und anhand von tagespolitischen Ereignissen den "schleichenden" Verfall der britischen Gesellschaft, die Beweggründe der Brexiteers oder den verständnislosen Blick der Mittelengländer auf London skizziert, verzeiht der Kritiker auch gern die ein oder andere nicht ganz so überzeugende Figur.
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