Johann Christoph Pickert

Die Lebensgeschichte des Johann Christoph Pickert

Invalide bey der 7.ten Compagnie
Cover: Die Lebensgeschichte des Johann Christoph Pickert
Wallstein Verlag, Göttingen 2006
ISBN 9783835300378
Gebunden, 174 Seiten, 19,00 EUR

Klappentext

Mit einem Nachwort herausgegeben von Gotthardt Frühsorge und Christoph Schreckenberg. Johann Christoph Pickert wurde 1787 in Haldensleben bei Magdeburg geboren und lernte erst den Beruf des Handschuhmachers, bevor er 20 Jahre als Soldat im preußischen Heer diente. Nach seiner Versetzung "zur siebenten Invaliden Compagnie" schrieb dieser einfache Mann seine Lebensgeschichte auf. Darin erzählt er von seiner Jugend- und Lehrzeit, von seiner Rekrutierung und vom harten Leben in der preußischen Armee: Er nahm an der Schlacht von Jena und Auerstedt teil und wurde als Gefangener zur Zwangsarbeit nach Frankreich geschickt. Seine Erinnerungen sind zugleich eine "Körpergeschichte", eine Geschichte der Freuden und Leiden seines Leibes - vom Kind über den Knaben bis zur martialischen Behandlung des Soldaten im Krieg.
Die Erzählperspektive und die stilistische Authentizität, die ausführlichen Detailschilderungen sowie das gänzlich unprätentiöse Schreiben stellen Pickerts Lebensbericht neben Ulrich Bräkers "Armen Mann im Toggenburg" aus der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts. Alles, was Pickert für erinnerungswürdig hält, betrifft im Detail nur ihn, zeigt den heutigen Lesern aber einen Ausschnitt aus der Lebenswelt einer sozialen Schicht, die selten zu Wort kommt.
Dieses einzigartige autobiografische Dokument wurde zufällig in einem Antiquariat entdeckt und wird hier erstmals veröffentlicht. Der Text wird durch einen Stellenkommentar und ein Nachwort ergänzt.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 18.05.2007

Dem Verlag und den Herausgebern bescheinigt Oliver Jungen Mut und Weitsicht. Die Entscheidung, die handschriftlich belegte Lebensgeschichte des Soldaten Johann Christoph Pickert in der an Stilbrüchen reichen Originaldiktion und nicht "in einem Fachorgan" zu veröffentlichen, findet er groß. Jungen trifft auf einen, wie er betont, literarischen, nicht bloß mentalitätshistorischen Text, obgleich er über die Urheberschaft angesichts der Stoffformung und des "pointenhaften" Stils nur Vermutungen anstellen kann. Tragisch-komisch erscheint ihm die um körperliche Versehrungen und Kartoffelkonsum kreisende "Passionsgeschichte". Allerdings warnt er den Leser auch davor, den Erzähler zu unterschätzen. Was Krieg bedeute, werde hier "unablässig deutlich". Als Gegenentwurf zur "hegemonialen Perspektive" hat der Text für ihn sogar subversives Potential.
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Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 27.11.2006

Unspektakulär und wertvoll zugleich findet Alexander Kosenina die Lebensgeschichte des Unteroffiziers Pickert. Nicht die zu entdeckenden poetischen Perlen begeistern Kosenina, sondern die "naturbelassene Rohheit" des "wortgetreu edierten" Textes. Durch sie erst erlangen Pickerts Aufzeichnungen jene Stellvertreterfunktion für "zahllose Gelegenheitsschreiber", die Kosenina fasziniert. Allerdings wird dem Rezensenten schnell bewusst, welchen Glücksfall die eingestreuten literarischen Reflexionen und Gestaltungsweisen darstellen. Für den weitaus größeren, "holprigen" Teil dieser Memoiren empfiehlt Kosenina lakonisch "Lesedisziplin". Den geduldigen Leser, verspricht er, belohnt das Büchlein schließlich mit einer "exemplarischen" Darstellung des alltäglichen Lebens kleiner Leute vor zweihundert Jahren, mit Kostproben des "zeitgenössischen Deutsch der Region Magdeburg" und mit einem "irritierend" unpolitischen Blick auf die Kriege jener Zeit, in denen der Verfasser diente.
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