Jewgeni Wodolaskin

Luftgänger

Roman
Cover: Luftgänger
Aufbau Verlag, Berlin 2019
ISBN 9783351037048
Gebunden, 429 Seiten, 24,00 EUR

Klappentext

Aus dem Russischen von Ganna-Maria Braungardt. Ein Mann erwacht in einem Krankenzimmer und kann sich an nichts erinnern. Sein Arzt verrät ihm nur seinen Namen: Innokenti Platonow. Als die Erinnerung langsam zurückkommt, formt sich das Bild eines bewegten Lebens: Eine behütete Kindheit im Russland der Zarenzeit, der Sturm der Revolution, roter Terror und der Verlust einer ersten großen Liebe. Bald treibt ihn vor allem eine Frage um: Wie kann er sich an den Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts erinnern, wenn die Tabletten auf seinem Nachttisch aus dem Jahr 1999 stammen?

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 13.07.2019

Fokke Joel zeigt sich enttäuscht darüber, dass es Jewgeni Wodolaskin in seinem Roman nicht gelingen will, den Erschütterungen des 20. Jahrhunderts Ausdruck zu verleihen, obgleich genau das für den Rezensenten das Ziel des Autors zu sein scheint. Die mit allerhand literarischen Anspielungen und Motiven sowie anregenden Reflexionen laut Joel durchaus gut erzählte Geschichte eines Mannes ohne Gedächtnis aus dem Zarenreich, die bis in die russische Gegenwart führt, entschädigt den Rezensenten allerdings mit einer immanenten Plausibilität des Unglaubwürdigen, die ihn an Bulgakow erinnert.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 08.06.2019

Nach Jewgeni Wodolaskins tragikomischem "Laurus" hat Rezensent Jörg Plath erwartungsvoll zu dem Nachfolgeroman "Luftgänger" gegriffen, in dem der russische Schriftsteller das sowjetische Jahrhundert durchmisst. Der Held seines Romans ist der Arzt Innokenti, der in den neunziger Jahren in einem Krankenhaus in Moskau aufwacht, nachdem ihn Häftlinge eines Gulags auf den Solowezki-Inseln tiefgefroren hatten. Der Stoff ist eigentlich ganz nach dem Geschmack des Rezensenten, aber Plath zeigt sich doch sehr enttäuscht. Wodolaskin überhebt sich, wenn er eines der großen Menschheitsverbrechen zum Thema macht, sein sprachliches Vermögen reiche dafür nicht aus, muss der Kritiker konstatieren, und auch moralisch findet er Wodolaskins Unterfangen fragwürdig: Im Gestus der Erinnerung, erkennt Plath, predige "Luftgänger" das Vergessen.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 16.03.2019

Rezensentin Kerstin Holm preist Jewgeni Wodolaskins Roman als Retro-Sci-Fi, in dem der stationär behandelte Held mit Geburtsjahr 1900 die sowjetische Vergangenheit memoriert, um sein Gedächtnis wiederherzustellen. Die vom Autor gewählte Form der Tagebucheinträge und die meisterhafte, sinnliche wie detaillierte Vergegenwärtigung von Geschichte überzeugen Holm. Gelungen erscheint ihr auch Ganna-Maria Braungardts Übersetzung, die das "gelehrte, poetische, moralische" Wortkunstwerk kongenial ins Deutsche bringt, wie Holm findet.
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