Isaak Babel

Mein Taubenschlag

Sämtliche Erzählungen
Cover: Mein Taubenschlag
Carl Hanser Verlag, München 2014
ISBN 9783446243453
Gebunden, 864 Seiten, 39,90 EUR

Klappentext

Herausgegeben von Urs Heftrich und Bettina Kaibach. Aus dem Russischen von Bettina Kaibach und Peter Urban. Erschütternde Kindheitsbilder, herrliche Gaunergeschichten und schonungslose Kriegsbeschreibungen, Schilderungen vom Erwachen der Liebe und dem Entdecken der Künste - Isaak Babel, der von Maxim Gorki entdeckt wurde, hat mit Klassikern wie "Die Reiterarmee" und "Geschichten aus Odessa" Weltliteratur geschaffen. Nun liegt das gesamte Erzählwerk des großen literarischen Stilisten aus Russland in einheitlicher Übersetzung vor. Babel hat wie kein anderer den Jahrzehnten vor und nach der russischen Revolution eine unverwechselbare Stimme gegeben, journalistisch präzise und zugleich mit lyrischem Wortreichtum.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 10.02.2024

Rezensent Christian Thomas zollt der Isaak-Babel-Werkausgabe größten Respekt. Die in den zwei Bänden gesammelten und von Bettina Kaibach und Peter Urban übersetzten Texte, im einen Band Erzählungen, im anderen Dramen, Drehbücher und Selbstzeugnisse, bieten tiefe Einblicke in das Leben und Schreiben des in Odessa geborenen jüdischen Autors und Reporters und in seine große Zwiespältigkeit, wie Thomas erklärt: einerseits "ideologisch eingespannt" als Journalist bei der Roten Armee, der über den Polnisch-Sowjetischen Krieg berichtete, andererseits unterschwellig zweifelnd an den brutalen Methoden, sich einer "literarischen Wahrhaftigkeit" nicht verwehren könnend, die der Kritiker vor allem in metaphorischen Ausbrüchen der ansonsten kühlen Berichte angelegt sieht: In einem "schwarzen, aufgequollenen Himmel" etwa zeigt sich ihm das leise Aufrührerische in Babels Prosa, das ihm - aufgebauscht freilich zum Spionagevorwurf - schließlich sein Leben kostete. Wie Kaibachs und Urbans punktgenaue Übersetzungs- und "akribischste" Herausgabearbeit nicht nur in den Berichten, sondern auch in den Erzählungen über die mafiösen Strukturen im Moldawanka-Quartier Odessas, Babels unverwechselbare Stimme und seine "revolutionsrote Bewusstseinsspaltung" der Leserschaft näherbringt, findet der Kritiker höchst verdienstvoll.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 15.04.2015

Sehr glücklich zeigt sich Franz Haas angesichts dieser Neuausgabe der kompletten Prosa Isaak Babels. Als "ständigen Wechsel zwischen Schreckensbildern und purer Poesie" bezeichnet Haas seine Leseerfahrung. Babels halbautobiografisches Erzählen, gespickt mit russischer Folklore und schroffen Bildern des jüdischen Überlebenskampfes haben es ihm dennoch angetan. Erfreut ist Haas auch über die Restaurierung explizit erotischer Stellen, auf die ihn ein "äußerst kundiger" Kommentar hinweist, und über den lesenden Nachvollzug von Babels politischer Orientierung und seiner sprachlichen Parteikritik, die in den späteren Texten nur noch sehr verklausuliert vorkommt, wie Haas feststellt.

Rezensionsnotiz zu Die Welt, 13.12.2014

Auf bleibende Erzählkunst trifft die hier rezensierende Autorin Kathrin Schmidt beim Wiederlesen von Isaak Babels Erzählungen. Babels Milieuschilderungen aus Odessa bestechen laut Schmidt durch Erzählökonomie, die Konzentration auf den Moment und das Aufeinanderprallen von Juden, Russen, Ukrainern und Polen sowie durch einen "fast lyrischen" Stil. Während ihr die Übersetzungen von Peter Urban mitunter als gesucht, nicht als gefunden erscheint, überraschen sie die Übertragungen der nachgelassenen Prosa durch Bettina Kaibach.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 28.11.2014

Es ist eine beeindruckende Leistung, die Bettina Kaibach und Peter Urban mit ihrer Übersetzung sämtlicher Erzählungen Isaak Babels in "Mein Taubenschlag" vollbracht haben, findet Burkhard Müller. Zwar verlieren die Geschichten durch die "konsequent normalisierende" Neufassung einiges an ausdifferenzierten sprachlichen Eigenheiten, etwa das "Umgangs-Russisch voller Ukrainismen" oder das gaunerische Rotwelsch, so der Rezensent, aber angesichts der eher skurrilen früheren Versuche, sie ins Deutsche zu retten, kann Müller diese Entscheidung der Übersetzer durchaus nachvollziehen. Die zensierenden Eingriffe des sowjetischen Staatsapparats konnten durch sorgfältige philologische Arbeit zum Großteil rückgängig gemacht werden, was Babels Werk allerdings weiterhin entstellt, sind die Spuren der Selbstzensur, des vorauseilenden Gehorsams, die den späteren Texten deutlich anzumerken sind, bedauert der Rezensent.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 19.11.2014

Für Ralph Dutli ist diese Sammlung mit Erzählungen von Isaak Babel eine veritable Literatur-Arche, auf der vieles Platz hat, das den Rezesenten begeistert. Das Glück und das Grauen, von denen die Texte berichten, kann er kaum fassen und nennt Babel schlichtweg einen der besten Erzähler der russischen Literatur des 20. Jahrhunderts. Was ist es, das ihn so mitreißt? Präzision und Wortwitz, Rhythmik und Drastik, meint Dutli, und eine Vielstimmigkeit, die er auf Babels Festhalten an mündlichen Quellen zurückführt, an Ukrainismen und Jiddischem und Stadtdialekten. Dass die Texte dennoch aus einem Guss scheinen, ist für Dutli ein weiteres Wunder. Alles, nur traurige Schtetl-Literatur dürfe der Leser nicht erwarten, erklärt er, und vom biederen Buchumschlag solle sich nur keiner täuschen lassen, dahinter lebt die schönste Fabuliererei, meint er.
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