Ilya Kaminsky

Republik der Taubheit

Cover: Republik der Taubheit
Carl Hanser Verlag, München 2022
ISBN 9783446272736
Gebunden, 104 Seiten, 22,00 EUR

Klappentext

Aus dem Amerikanischen von Anja Kampmann. Über Menschlichkeit in finsteren Zeiten - die weltweit gefeierte Parabel des Ukrainers Ilya Kaminsky. "Wir lebten glücklich während des Krieges", schreibt prophetisch der Ukrainer Ilya Kaminsky in seiner weltweit gefeierten Parabel. Als ein tauber Junge, der einem Puppenspiel zusieht, von Soldaten erschossen wird, leisten die Bewohner der okkupierten Stadt Vasenka Widerstand: Sie stellen sich taub und koordinieren ihren Protest in der Gebärdensprache. Unter den Oppositionellen sind auch Alfonso und Sonya, die ein Kind erwarten. Vasenka ist ein Kriegsschauplatz, aber auch ein Ort, an dem geliebt wird, wo Menschen einander Zeichen der Solidarität geben. Kaminskys Buch konfrontiert uns mit Kriegsbildern von unheimlicher Kraft: Es ist zugleich Liebesgeschichte, eine Elegie und ein dringendes Plädoyer gegen das Schweigen.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 02.07.2022

Rezensent Harald Hartung zeigt sich berührt von Ilya Kaminskys zweitem, nun auf Deutsch in der Übersetzung von Anja Kampmann erscheinendem Gedichtband. Wie der Autor in freien Versen eine Art Theaterstück aus einer besetzten Stadt inszeniert, findet Hartung bewundernswert. Einerseits Liebesgeschichte eines Puppenspielers, andererseits die Protestgeschichte der Puppenbühnenbesitzerin, gemahnt der Text Hartung an die Verhehrungen des Krieges. Dass sich der Autor in seinem Buch auf die Besetzung der Krim bezieht, kann Hartung nur vermuten, da Kaminsky in Andeutungen verharrt. Die traurige Aktualität des Textes ist für den Rezensenten allerdings unübersehbar.
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Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 02.07.2022

Rezensentin Marie Schmidt liest den Gedichtband des in den USA lebenden, in Odessa geborenen Dichters Ilya Kaminsky mit Spannung. Wie durch die Zeit gefallen kommen die Verse über tote Kinder in den Straßen zu ihr und erinnern sie an die Gewalt in der Ukraine gerade jetzt, obwohl der Autor über Jahre an dem Text gearbeitet hat, wie sie weiß. Die "fragile Klarheit" und emotionale Direktheit der Verse verblüfft die Rezensentin noch in der Übersetzung von Anja Kampmann. Kaminskys Symbolik für den Krieg, dessen Auswirkungen im Text das Schicksal eines Puppenspielers, seiner Geliebten und seiner Arbeitgeberin bestimmen, findet Schmidt stark. Mit einer solchen Bildsprache werden Erinnerungen an den Krieg erst möglich, ahnt Schmidt.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 11.06.2022

Rezensentin Cornelia Geißler empfiehlt, Ilya Kaminskys Buch am besten laut zu lesen, so kraftvoll findet sie die Prosa und Lyrik des Dichters, der in seiner Parabel über die Bewohner einer besetzten Stadt schreibt, die nach dem Mord eines tauben Jungen kollektiv eine Haltung der Gehörlosigkeit einnehmen und in den Widerstand gehen. Die starke "Expressivität" und die Klangräume der Verse, die manchmal an Kinderlieder, manchmal an flehende Gebete erinnern, erklärt sich die Kritikerin neben Kaminskys schierem Talent auch mit seiner Biografie: 1977 in einer ukrainisch-jüdischen Familie in Odessa geboren, verlor er bei einer Krankheit sein Gehör und ging nach dem Zerfall der Sowjetunion in die USA. Die Bilder, in denen er die Welt erlebte, vermittelt er eindringlich seinen Lesern, staunt Geißler und spricht hier auch ein ausdrückliches Lob an die Übersetzerin Anja Kampmann aus. Ein "besonderes" Buch, das einer "universellen Menschlichkeit gilt", schließt die Kritikerin.

Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk Kultur, 24.05.2022

Rezensentin Miriam Zeh stellt die Lyrikbände zweier "Lyrikstars aus den USA" gegenüber, die beide Migrationserfahrung gemacht haben und die Kriege ihrer Herkunftsländer thematisieren. Der in Odessa geborene Ilya Kaminsky schreibt über eine fiktive belagerte Stadt, in der ein gehörloser Junge während eines Puppentheaters von Soldaten erschossen wird. Aus Protest verstummen alle BewohnerInnen des Ortes und kommunizieren in eigenen Gebärden miteinander, resümiert die Rezensentin. "Nieman kann Euch hören", halten sie den Belagerern entgegen. Der Lyriker finde "starke Bilder für unaussprechliche Grausamkeit" lobt Zeh und findet Trost in kleinen Glücksmomenten. Zugleich beobachtet sie wie Kaminsky zwischen "kritischer Distanz" und Schuldgefühlen schwankt, das Leid nicht selbst zu erleben, sondern glücklich in Sicherheit in den USA zu leben. Dieser Band ist wohl die "politische Lyrik zur Stunde" lobt die Rezensentin, was ebenso der brillanten Übersetzung Anja Kampmann zuzuschreiben sei.