Hans Ulrich Gumbrecht

Crowds

Das Stadion als Ritual von Intensität
Cover: Crowds
Vittorio Klostermann Verlag, Frankfurt am Main 2020
ISBN 9783465043850
Kartoniert, 154 Seiten, 14,80 EUR

Klappentext

Wer schon einmal ein Fußballspiel in einem größeren Stadion erlebt hat, kennt die Stimmung, die vor allem von den Tribünen ausgeht, auf denen die echten Fans ihre Mannschaften anfeuern. Hans Ulrich Gumbrecht - Anhänger von Borussia Dortmund und einer der großen Literaturwissenschaftler unserer Zeit - geht dieser Stimmung in besonderer Weise nach. In seinem Essay "Crowds" verbindet er die Innensicht des Fans mit einschlägigen Theorien des 20. Jahrhunderts. Und während "die Masse" in Politik und Kultur einen eher zweifelhaften Ruf genießt - da für leicht steuerbar gehalten -, erkennt Gumbrecht in den Fans der Dortmunder "Süd", einer der weltweit größten Stehplatztribünen, ein Potential zu ihrem Lob.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 28.07.2020

Samuel Burgener begreift Hans Ulrich Gumbrechts Buch als wilden Ritt von Maradona zu Nietzsche, zu Marx und zurück in die Südkurve des Dortmunder Stadions, wo der Autor sich heimisch fühlt. Ein Plädoyer für die Masse und gegen ihre Verachtung in der Hochkultur steckt auch darin, erkennt Burgener. Unterhaltsam und zeitgemäß findet er Gumbrechts Versuch, den Rausch in der Menge im Stadion zu verstehen, um die Verarmung einer nur visuellen Wahrnehmung des Sports, so wie im Augenblick, besser zu erkennen.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 18.07.2020

Christian Thomas lernt den Literaturwissenschaftler Hans Ulrich Gumbrecht als "Ultra der Kontaktaufnahme" kennen in diesem "Fußballbuch". Sowohl über Gumbrechts Lieblingsverein, den BVB und seine großen Momente, erfährt Thomas einiges als auch über Leidenschaften, die den Autor überfallen auf der Dortmunder Südtribüne oder im Stadion von Buenos Aires. Dass so ein Buch von Gumbrecht nicht ohne Zeichendeutung von Fußballritualen auskommt und ohne historische Perspektive auf die "Masse", ob bei der Kreuzigung in Jerusalem oder beim Sturm auf die Bastille, ahnt der Rezensent schon. Wie Gumbrecht das Stadion als Akteur beschreibt und gegen Massenverächter von Nietzsche bis Adorno anrennt, hat Thomas Freude gemacht, nicht zuletzt wegen des großen "Fußballherzens" und des "Fußballverstands" des Autors.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 07.07.2020

Rezensent Kai Spanke liest Hans Ulrich Gumbrechts Essay mit gemischten Gefühlen. Die Faszination von Massen kann ihm der emeritierte Literaturwissenschaftler primär am Beispiel von Fußballstadien sinnlich und "atmosphärisch" vermitteln, auch das Desiderat eines Diskurses über die Masse anerkennt der Kritiker. Mit Sprüngen zu "Maradona und Nietzsche", "Freud und den Tiller Girls", "Moses und Hitler" und Schwarmverhalten und Primatenforschung gerät ihm der Text aber dann doch zu wenig stringent. Und Gumbrechts forsche Thesen reichen in dem Fall auch nicht für eine sorgsame Analyse, schließt er.
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