Günter de Bruyn

Unter den Linden

Geschichten um eine Straße
Cover: Unter den Linden
Siedler Verlag, Berlin 2002
ISBN 9783886807895
Gebunden, 192 Seiten, 18,00 EUR

Klappentext

Mit 90 schwarz-weiß Abbildungen. Begonnen hatte die Geschichte dieser Straße schon unter den Kurfürsten, aber geprägt wurde sie von den ersten vier preußischen Königen. Vom Schloss ausgehend, wuchs die Allee gemeinsam mit dem Anwachsen des Königreichs, um gegen Ende des 18. Jahrhunderts mit dem Brandenburger Tor ihren Abschluss zu finden. Mit Günter de Bruyn begegnen wir dem jungen Heinrich Heine bei seinem Bummel Unter den Linden. Preußens Luise hält hier ihren Einzug; der alte Kaiser zeigt sich am historischen Eckfenster; und der Aufzug der Königswache lockt viele Besucher an ... Durch Geschichten, die sich mit Bauten und Bäumen verbinden, macht Günter de Bruyn einige Jahrhunderte preußisch-deutscher Geschichte lebendig.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 08.05.2003

Christian Thomas bemerkt erfreut, dass das Buch als literarischer "Bummel" Unter den Linden so ganz ohne "Demonstrationsabsichten" daherkomme, was bei dieser geschichtsträchtigen Flaniermeile eine Ausnahme ist, wie der Rezensent weiß. Der Autor habe sich von seinen Erinnerungen leiten lassen, wobei sein Buch nicht auf Vollständigkeit aus sei, sondern der Anekdote verpflichtet, so Thomas angetan. Für ihn stellt dies eine Anknüpfung an eine "aus der Mode gekommenen Anschauung" dar und er charakterisiert den Text als "Parlando" ohne "argumentative Verve", was ihn offensichtlich nicht stört. Allerdings bemerkt er etwas verwundert, dass dem Autor jeglicher Sinn für moderne Architektur abzugehen scheine. Der Rezensent freut sich, wenn in dem Buch auch literarische Vorbilder auftauchen wie Zitate von Fontane oder Hessel, und er empfindet es nach all dem Pathos, mit dem man die Straße in der Vergangenheit besungen hat, als angenehm, dass der Autor sein Buch an der "Schwelle einer Normalität" angesiedelt hat.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 19.04.2003

Natürlich hat alles, was Unter den Linden geschieht, Symbolkraft, meint der Rezensent Jens Bisky. Aber sagen die Linden auch etwas über Berlin aus? Wo sind sie, die Berliner Orte, die für die Berliner selbst identitätsstiftend sind, die etwas über die Stadt sagen, so wie sie für deren Bewohner ist? Und wo sind die, die etwas darüber sagen können? Jens Bisky hat drei lesenswerte Berlin-Bücher ausgemacht, drei "individuelle Stadtpläne", die gar nicht erst versuchen "das allgemeine Wesen der Hauptstadt" zu ergründen. Günter de Bruyn, so Bisky, hält sich dann doch an die Linden, über die er mit "habituell gewordener Skepsis" spaziert, vom Schloss zum Brandenburger Tor. Im Vorbeigehen erzähle er Anekdoten, die sich um die Gebäude spinnen, die sich aber eher als "lakonische Kommentare" geben, und ganz ohne "Nostalgie". Und trotz der Freude über die "Rückeroberung toter Räume", wie etwa am Potsdamer Platz, erzähle de Bruyns Buch eher "vom Zu-Ende-Gehen, davon, dass wenig bleibt". Denn die neuen Bauten würden zwar erwähnt und registriert, doch mit einer gewissen Verhältnislosigkeit: "Was sie auszeichnet, erwähnenswert macht, sind Erinnerungen."
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Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 29.03.2003

Der mit "upj" zeichnende Rezensent scheint beeindruckt von Günter de Bruyns neuestem Werk. De Bruyn, der sich zuvor mit der deutschen Spaltung oder auch Preußen beschäftigt habe, wende sich nun seinem Geburtsort Berlin zu und bleibe dabei seiner bewährten Methode treu, einen kleinen Teil des großen Ganzen darzustellen, um so einen besonderen Blick auf die Geschichte einzufangen. Ebenso stelle er nun also Berlin und seine Geschichte anhand der einen Straße, Unter den Linden, dar, und dies zur Freude des Rezensenten ebenso erfolgreich wie in seinen vorigen Büchern.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 20.03.2003

Haug von Kuenheim hat in Günther de Bruyn einen Freund gefunden, auf den Verlass ist: "Wer sich ihm anvertraut und in seinem jüngsten Buch schmökert, ist wohl aufgehoben, wenn er hinter das Geheimnis von Berlins einstiger Prachtstraße kommen will." Vergangen sei der Ruhm der Allee Unter den Linden nämlich längst, doch wenn ihre Geschichte so kundig, unpathetisch und "mit zurückhaltendem preußischen Charme" erzählt werde wie hier, dann könne man noch umgeben von altem Glanz flanieren, "Lesefrüchte und Anekdoten" ernten und sich in die Vergangenheit der Gebäude links und rechts vertiefen. Was man am Ende gelernt hat, verspricht von Kuenheim, weist vom Boulevard auf das ganze Land - denn nirgendwo sonst sei deutsche Geschichte so greifbar gespiegelt. "Günter de Bruyn, der Kenntnisreiche, weiß sie zu erzählen."

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 18.03.2003

Dass Napoleon 1806 das Brandenburger Tor in Berlin als "heroische Kulisse" des Einmarschs seiner Truppen wählte, ist allgemein bekannt. Weniger bekannt ist, dass im Mai 1945 ein "Elendszug deutscher Soldaten durch das Tor nach Osten in langjährige Gefangenschaft getrieben wurde". Beide Ereignisse und vieles mehr, was sich Unter den Linden zwischen Lustgarten und Pariser Platz zugetragen hat, schildert Günter de Bruyn nach Auskunft von Rezensent Dieter Bartetzko in seinem Buch "Unter den Linden". Mit seinen Geschichten von Bauten und Menschen steht de Bruyn in einer großen Tradition, hält Bartetzko fest und nennt mit Heinrich Heine, Theodor Fontane, Walter Kiaulehn und Franz Hessel einige bedeutende Vorgänger - Vorgänger vor denen sich de Bruyn mit seiner Besichtigung der Prachtstraße nicht zu verstecken brauchte. Ob Bauten oder Bewohner, de Bruyn mischt Poesie und Prosa, Glanz und Elend gleichermaßen souverän, lobt Bartetzko. Eine "nostalgische Besichtigungstour", wie der Einband des Buchs und der "angenehm plaudernde Ton seiner Schilderungen" vermuten lassen, ist de Bruyns Buch nach Einschätzung des Rezensenten indes nicht. "Bald mischt sich diskrete Kritik ein, Skepsis, Mokanz, Abstand alles in allem gegenüber der Gegenwart, aber auch der Vergangenheit", vermeldet der Rezensent. Was nicht verhindere, dass de Bruyn, der "Urteilssichere", gelegentlich seiner Liebe und seiner Trauer angesichts versunkener Berliner Schönheit und Kultur auf den Leim gehe.
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