Günter de Bruyn

Preußens Luise

Vom Entstehen und Vergehen einer Legende
Cover: Preußens Luise
Siedler Verlag, Berlin 2001
ISBN 9783886807185
Gebunden, 142 Seiten, 14,32 EUR

Klappentext

Luise wurde 1776 als mecklenburgische Prinzessin in Hannover geboren und wuchs in Hessen-Darmstadt auf. Mit gerade achtzehn Jahren heiratete sie den preußischen Kronprinzen, den späteren König Friedrich Wilhelm III., und gebar ihm zehn Kinder, darunter Friedrich Wilhelm IV. und Wilhelm I., den ersten deutschen Kaiser. Nach der Niederlage Preußens 1806 floh sie mit ihren Kindern nach Ostpreußen, traf 1807 in Tilsit mit Napoleon zusammen und kehrte erst 1809 nach Berlin zurück. Sie stand den Reformern nahe und galt ihrer Mitwelt und mehr noch der Nachwelt des 19. und 20. Jahrhunderts als mitfühlende, charismatische Monarchin. Sie starb früh, 1810, mit vierunddreißig Jahren. Günter de Bruyn zeichnet eine historische Legende nach.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 23.02.2001

Zwar räumt Alexander Honold ein, dass auch Günter de Bruyn in diesem Buch kein "Preußen ohne Legende" bietet. Doch ist dies seiner Ansicht nach auch nicht der Anspruch des Autors. Dennoch scheint das Buch dem Rezensenten gefallen zu haben - insbesondere, weil sich de Bruyn der Preußenkönigin mit geradezu liebevoller Aufmerksamkeit nähere. Dies heißt aber nach Hunold keineswegs, dass darüber Analytisches in diesem Buch vernachlässigt wird. Gerade die Kombination des Analysierenden mit etwas, was der Rezensent mit "argumentierender Warmherzigkeit" beschreibt, gehört für ihn zu den ausgemachten Stärken des Buchs. Lediglich de Bruyns "Diskretion" führe bisweilen zu ein wenig "gestelzten" Formulierungen.
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Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 08.02.2001

Günter de Bruyn ist es gelungen, in seinen Betrachtungen über Luise von Preußen (1776-1810) Mythos und Wirklichkeit auseinander zu halten, lobt Ursula Pia Jauch. Die Legende über die mater patriae wurde reichlich gespeist - aus der weiblichen Anmut, der idealtypischen Tugend, dem frühen Tod der Königin und dem Bedürfnis der Preußen, nach der erlittenen Niederlage von 1806 gegen Napoleon eine starke Lichtgestalt zu haben. Luise ist in Kunst. Literatur, Geschichtsschreibung und im Film zum Ursprungsmythos des deutschen Nationalbewusstseins stilisiert worden, berichtet die Rezensentin. Der Autor habe klug und kenntnisreich die Elemente diese Mythos recherchiert und beschrieben. An der mustergültigen Ehefrau und Mutter habe aber auch er nichts auszusetzen. Die sorgfältigen Nachforschungen de Bruyns bestätigen das Bild der tadellosen Preußenmutter, resümiert Jauch.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 22.01.2001

Bevor er sich drei neuen Büchern über Preußen zuwendet, warnt Rezensent Thomas Krüger die "Berliner Republik" erst mal davor, auf der Suche nach "Legitimation" allzusehr auf Preußen zu schielen. Der Mythos von Preußen als "Hort der Aufklärung" ist nämlich nach Krügers Ansicht wenig begründet. Die drei vorgestellten Bücher kann er daher durch die Bank empfehlen, weil keines am Mythos weiterstrickt.
1) Julius Schoeps (Hrsg.): "Preußen. Geschichte eines Mythos"
Der Band ist "vorzüglich bebildert, sehr sachlich geschrieben und klar gegliedert", lobt Krüger. So hebe ein Beitrag das demokratische Preußen hervor - für Krüger ist das vor allem die Zeit zwischen 1920 und 1932, in der fast ununterbrochen eine sozialdemokratisch-liberale Koalition den Staat regieren. Andere Beiträge beschreiben dagegen das "reaktionäre" Preußen. Krüger verweist hier besonders auf einen Aufsatz von Jürgen Luh, der die Reformjahre von 1806-12 behandelt und schon in dieser Zeit eine Kluft zwischen Anspruch und Wirklichkeit feststellt. Alles in allem bemühen sich von Julius H. Schoeps versammelten Aufsätze, "Preußens Geschichte aus ihrer Legendenverstrickung herauszulösen", resümeriert Krüger.
2) Bahners/Roellecke (Hrsg.): "Preußische Stile"
Dieses Buch ist mit seinen 28 Aufsätzen, Essays und Reflexionen ist doppelt so dick, und die Autoren, dem postmodernistischen "schaun mer mal" zugeneigt, sorgen dafür, dass jedes denkbare Interessengebiet berührt wird, schreibt Krüger durchaus nicht unfreundlich. Es sei aber auch ein Buch über ein Deutschland, "das sich als wiederauferstanden begreift" und nach seinen "Substanzen" sucht - Beamtenstaat, multikulturelle Tradition (`Jedem das Seine`) oder auch Pressefreiheit. Die Auffassungen gehen dabei weit auseinander, schreibt Krüger. Während der eine Autor die deutsche Beteiligung an der Bombardierung Jugoslawiens in der Tradition einer Politik sieht, die ohne Not den deutsch-französischen Krieg vom Zaun gebrochen hat, sehe ein anderer Autor Preußen als Bollwerk gegen "kommunistische Barbarei". Da wundert es nicht, wenn Krüger als einzigen Nachteil des Buchs die "disparat nebeneinanderstehenden" Standpunkte ausmacht.
3) Günter de Bruyn: "Preußens Luise"
Dieses Buch gefällt Krüger vielleicht am besten. Ein "unprätenziöser Essay" sei das, der zugleich mit der Biografie Luises ein Porträt jener Kräfte zeichne, "die Preußen konstituieren". Dass de Bruyn das Bild von der progressiven, mitfühlenden Preußenkönigin als Mythos entlarvt, findet Krügers uneingeschränkte Zustimmung. Leser, die de Bruyn jetzt für einen Spielverderber halten, tröstet Krüger mit dem versöhnlichen Satz des Autors: `Wir können uns für aufgeklärt und immunisiert halten - dabei aber genauso wenig wie jene, die wir belächeln, wissen, dass die Entlarvung von Mythen nicht deren Ende, sondern nur ihren Wechsel bringt.`
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