George Benssoussan

Die Juden der arabischen Welt

Die verbotene Frage
Cover: Die Juden der arabischen Welt
Hentrich und Hentrich Verlag, Berlin 2019
ISBN 9783955653279
Kartoniert, 192 Seiten, 19,90 EUR

Klappentext

Unter Mitarbeit von Stephan Grigat. Aus dem Französischen von Jürgen Schröder. Ist ein Frieden zwischen den Religionen möglich? Bietet die Geschichte keine Beispiele für einen solchen? War der Zeitabschnitt des "Al Andalus" denn nicht durch eine harmonische Koexistenz von Juden, Muslimen und Christen geprägt? Indem er die goldene Legende der einen und den Manichäismus der anderen ablehnt, zeigt Georges Bensoussan, dass die arabische Welt für Minderheiten, und zwar insbesondere für die jüdischen, eine Stätte des Schutzes, aber auch der Unterwerfung war. Gestützt auf Recherchen in militärischen, diplomatischen und Verwaltungsarchiven, rekonstruiert Bensoussan diese Beziehungen. Über die Geschichte der Emanzipation und der Unterdrückung hinaus geht es ihm darum, wie sich das Verhältnis der muslimischen Welt zur abendländischen Moderne von den mittelalterlichen Wurzeln bis zur Dekolonisation langfristig entwickelt.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 16.09.2019

Ronen Steinke begrüßt Georges Bensoussans Buch als Erinnerung an das Schicksal der in arabischen Ländern wie Tunesien oder Ägypten und dem Irak getöteten oder vertriebenen Juden. Dass dieses Leidensgeschichte von den Opfern wie vom israelischen Staat verdrängt wurde und wird, vermittelt der Autor, selbst Sohn marokkanischer Juden, dem Rezensenten ebenso, wie er die Drangsalierungen und systematischen Vertreibungen Land für Land differenziert in Erinnerung ruft. Für Steinke eine wichtige Gedächtnisstütze.
Lesen Sie die Rezension bei buecher.de

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 06.09.2019

Zwei Bücher französischsprachiger Autoren, "Der zerrissene Faden" des belgischen Historikers Nathan Weinstein und das vorliegende Buch des französisch-marokkanischen Historikers Georges Bensoussan, arbeiten erstmals die lange verdrängte Geschichte der Vertreibung der arabischen Juden auf. Beiden attestiert Rezensent Martin Gehlen in einer Doppelbesprechung, dass sie dem Leser das Ausmaß dieser Geschichte - und das Ausmaß ihrer Verdrängung - plastisch vor Augen halten: 900.000 Juden lebten einmal in diesen Ländern, heute sind es noch 4.500, die meisten von ihnen in Tunesien und Marokko. Die Bevölkerung Bagdads war mal zu einem Drittel jüdisch. Beide Autoren, so Gehlen, heben hervor, dass die Koexistenz von Muslimen, Juden und Christen nie so idyllisch war, wie sie gern gezeichnet wurde. Weinstein führe dies vor allem auf den Status der Juden als "Dhimmis", als Schutzbefohlene, zurück, der für die Araber eben nicht ein Status des Respekts, sondern der Unterlegenheit gewesen sei. Trotzdem haben auch Juden ihren Status in den arabischen Ländern oft beschönigt, schreibe Bensoussan. Gehlen spricht für beide Bücher eine eindeutige Leseempfehlung aus.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 08.08.2019

Rezensent Ulrich Gutmair erfährt von Georges Bensoussan, wie die jüdisch-arabischen Beziehungen vor 1939 wirklich aussahen: Die Juden wurden manchmal wertgeschätzt, manchmal sogar bewundert, aber sie gehörten immer zu einer "verachteten Minderheit" - goldenes Zeitalter hin oder her. Und auch später sah es nicht besser aus: Ab den frühen 1940er Jahren mussten etwa 900.000 Juden ihre Heimat in arabischen Ländern verlassen. Dass der Autor zurückhaltend schreibt und nur in Bezug auf Ägypten von Vertreibung spricht, sonst von Exodus, rechnet Gutmair ihm an. Bensoussan beschreibe den Vorgang mehr als "schleichenden Ausschluss". Wie der Historiker gegen die Verklärung anschreibt, indem er Quellen ab dem späten 19. Jahrhundert zitiert, um die antjüdische Stimmung in den arabischen Ländern zu illustrieren, scheint dem Rezensenten erhellend, wenngleich er Bensoussans Pessimismus spürt, wenn es um die Auseinandersetzung mit dem Thema in der französischen Gegenwart geht. Die wird gern zugunsten eines "postkolonialen Wir" unter den Tisch gekehrt, lernt Gutmair.

Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk Kultur, 02.08.2019

Rezensent Carsten Hueck hält das Buch des Historikers Georges Bensoussan für wichtige Lektüre. Mit dem Mythos der friedlichen Koexistenz von Juden und Muslimen in der Geschichte macht der Autor nachhaltig Schluss, meint Hueck. Seine Quellen, Reise- und Zeitzeugenberichte, Polizeiakten und theoretische Schriften des politischen Islam, findet Hueck überzeugend, ebenso Bensoussans Bemühung um Differenzierung und Aufklärung. Das Ergebnis aber ist für den Rezensenten deutlich: Islamischen Antisemitismus gab es lange vor der Vertreibung der Palästinenser.