Florjan Lipus

Der Zögling Tjaž

Roman und Nachschrift
Cover: Der Zögling Tjaž
Jung und Jung Verlag, Salzburg 2016
ISBN 9783990270097
Gebunden, 326 Seiten, 25,00 EUR

Klappentext

Aus dem Slowenischen von Peter Handke und Helga Mračnikar (Roman) und Johann Strutz (Nachschrift). Herausgegeben und mit einem Nachwort von Fabjan Hafner. "Der Zögling Tjaž", 1972 im jugoslawischen Slowenien veröffentlicht, erst 1981 in deutscher Übersetzung in Österreich erschienen, erzählt die Geschichte eines Internatsschülers, der mit der Gabe, Gegenstände aus der Ferne zerkratzen zu können, gegen die Obrigkeit aufsteht, entlassen wird und am ersten Tag in Freiheit Selbstmord begeht. Florjan Lipuš ist Kärntner Slowene und besuchte das Gymnasium im bischöflichen Knabenseminar in Tanzenberg - wie Peter Handke, der mit seiner Übersetzung Roman wie Autor in seinem Geburtsland erst bekanntgemacht hat. Handke schreibt: "Tjaž ist eine Gestalt, wie es sie in der Romanliteratur noch nicht gegeben hat: kein Schelm, kein Unschuldiger, kein Sich-Entwickelnder, kein Held, kein Opfer, kein Angeklagter, kein Fremder, sondern weniger und mehr als das alles: ein 'kosmisches Geschiebsel' - ein 'Geschiebsel', aber 'kosmisch'." Das Buch erscheint hier, mehr als 40 Jahre nach seiner Erstveröffentlichung, mit einer "Nachschrift" zum Roman, in der Lipuš seinen autobiografischen Kern noch einmal neu bestimmt und die Situation der Kärntner Slowenen im Licht jüngster Entwicklungen reflektiert.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 27.05.2017

Rezensent Jörg Plath ist glücklich, dass Florjan Lipus' bereits 1972 erschienener, autobiografischer Internatsroman "Der Zögling Tjaz" nun endlich neu aufgelegt worden ist. Der in Kärnten lebende slowenische Autor erzählt ihm hier die Geschichte des kleinen und unauffällig scheinenden Tjaz, der sich den "rigiden Internatsmächten" durch ein "surreales", alles zerlegendes Kratzen widersetzt, resümiert der Kritiker, der unweigerlich an das Oskar Matzeraths glassprengendes Singen in Günther Grass' "Blechtrommel" denken muss. Grandios, wie "explosiv" Lipus zwischen Innen und Außen, Handlung und Reflexion hin- und herspringt, schwärmt der Rezensent, der auch die Sprachkraft dieser so "tragischen" wie "furiosen" Geschichte über den Zusammenprall eines jugendlichen Individuums mit Staat und Kirche bewundert. Nicht zuletzt lobt Plath das kenntnisreiche Nachwort von Fabjan Hafner, das von der Entmündigung der Kärntner Slowenen erzählt.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 18.10.2016

Autor Florian Lipus ist ein Kärtner Slowene, und das prägt auch seinen Roman, lesen wir beim Rezensenten Karl-Markus Gauß, der sich in der osteuropäischen Literatur auskennt wie kaum ein zweiter. Erstmals erschienen ist er 1972 in der Übersetzung von Peter Handke und Helga Mracnikar, die jetzt neu aufgelegt und durch ein 70-seitiges Nachwort von Lipus ergänzt wurde. Die Geschichte vom armen jungen Tjaz, der sich in einem katholischen Internat zu behaupten versucht, rebelliert und schließlich, als er von der Schule gewiesen wird, von einem Hochhaus springt, beeindruckt den Rezensenten vor allem wegen ihrer Sprache, die ganz altes mit ganz neuem mischt. Und das Nachwort Lipus' aus dem Jahr 2013 rückt den Roman noch einmal in ein ganz eigenes Licht, der auch die Diskriminierung der Kärtner Slowenen in einen geschichtlichen Zusammenhang stellt, so Gauß: Etwa wenn man liest, dass der Namen von Lipus' in einem KZ ermordeter slowenischer Mutter auf keinem österreichischen Gedenkstein zu lesen ist. Aber vor allem anderen empfiehlt Gauß den Roman als "Sprachkunstwerk ersten Ranges".
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