Ernst Tugendhat

Anthropologie statt Metaphysik

Cover: Anthropologie statt Metaphysik
C.H. Beck Verlag, München 2007
ISBN 9783406556784
Gebunden, 208 Seiten, 19,90 EUR

Klappentext

Was immer Metaphysik heißen mag, es reduziert sich, so die These dieses Buches, auf Anthropologie, weil alle metaphysischen Themen sich als Elemente des menschlichen Verstehens erweisen. Sodann kommt Ernst Tugendhat noch zu einer anderen Erklärung für den Primat der Anthropologie: Alles Historische verliert seine Gültigkeit für uns, wenn es sich nur aus Tradition begründen lässt; und so bleibt die Frage nach dem Sein des Menschen übrig, wenn alles, was nur zu Traditionen gehört, wie ein Vorhang weggezogen wird. Was aber ist philosophische Anthropologie, und wodurch unterscheidet sie sich von der empirischen Anthropologie? Das Buch geht diesen Fragen nach und widmet sich daneben anthropologischen Einzelthemen wie Willensfreiheit, intellektueller Redlichkeit, Moral, Religion und unserem Verhältnis zum Tod.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 20.08.2007

Ernst Tugendhats Untersuchen zur philosophischen Anthropologie haben Rezensent Henning Ritter beeindruckt. Er schätzt den Philosophen als Aufklärer, der am Programm rationaler Begründung festhält, etwa wenn es um den mühseligen Weg der Moralbegründung geht. Dabei konstatiert er eine zunehmende Entfernung des Autors vom "agonalen Stil" der analytischen Philosophie. Fast ein wenig überraschend scheint ihm gleichwohl, wie Tugendhats Überlegungen schließlich in eine philosophische Mystik münden. Dass er sich für Religion und Mystik als Lebenseinstellungen interessieren würde, erklärt Ritter, "war bei dem rationalen Grundzug seines Philosophierens kaum zu erwarten". Er vermutet, dass hinter dieser Entwicklung ein "allmähliches Ernsterwerden" von Fragen steht, die ihn seit je beschäftigt hatten. Schließlich müsse auch der Aufklärer über den Tod nachdenken.
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Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 23.06.2007

Mit hohem Lob bedenkt Rezensent Michael Hampe diesen Band mit Untersuchungen zu Anthropologie und Mystik von Ernst Tugendhat. Das Plädoyer des Philosophen für eine Wiederbelebung der philosophischen Anthropologie scheint ihm sehr überzeugend. Er begrüßt den systematischen Ansatz des Autors bei der Behandlung philosophischer Fragen. Deutlich wird für ihn die Fragwürdigkeit einer künstlichen Trennung in "praktische" und "theoretische" Philosophie, berührt Tugendhats Auseinandersetzung doch beide Bereiche. Ausführlich geht er auf die Beschäftigung mit der Mystik ein, die nach Tugendhat eben nicht zu Abgehobenheit, sondern zu einem realistischen Verhältnis zur Welt verhelfe. Großen Eindruck hat bei Hampe der Essay über "Unsere Angst vor dem Tod" hinterlassen. Er würdigt die Originalität von Tugendhats Denken, seine Klarheit und "selbstkritische Reflektiertheit". Dabei hebt er besonders hervor, dass der polemische Ton der früheren Schriften einer "tiefsinnigen Weisheit" gewichen sei.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 29.03.2007

Rezensent Thomas Meyer ist ein wenig enttäuscht von diesem Buch, das seiner Ansicht nach von einer merkwürdigen Ungeduld regiert wird. Außer Aristoteles und Platon behandele der 76jährige Philosoph Ernst Tugendhat alle anderen Philosophen wie "dumme Schuljungen", wische Traditionen vom Tisch und bewege sich damit leider unterhalb der "selbst gesetzten Ansprüche". Ein "Witzchen über Heidegger" und "das Kopfschütteln über Plessner" machen das Buch aus Meyers Sicht noch nicht fett. Trotzdem konnte der Rezensent den Aufsätzen des Bandes gelegentlich auch etwas abgewinnen. Denn aus seiner Sicht hat die Neuausrichtung von Ernst Tugendhats bekanntenThesen auf die Anthropologie auch ihren Reiz. Das entkräftet dennoch nicht seine Grundkritik, der zufolge Tugenhats autistische Anthropologie insgesamt weniger Argumente als Schrullen zu bieten hat.