Emmanuelle Bayamack-Tam

Wenn mit meiner Unschuld nicht alles vor die Hunde ging

Roman
Cover: Wenn mit meiner Unschuld nicht alles vor die Hunde ging
Secession Verlag, Zürich 2014
ISBN 9783905951295
Gebunden, 344 Seiten, 24,95 EUR

Klappentext

Aus dem Französischen von Christian Ruzicska und Paul Sourzac. Erster Akt der Revolte: sich den Anfang aneignen, die eigene Geburt. Wie? Lassen Sie sich überraschen! Zweiter Akt der Revolte: sich die Sprache aneignen, als was? Als Waffe gegen eine Welt von Egozentrikern, die ihre Kinder verwahrlosen lassen und die Bande der ach so heilen Familie nur umso enger um die Kehlen ihrer Sprösslinge knüpfen, als dass, "unter uns", nichts, aber nun auch wirklich nichts, "weiter schlimm" ist. Und so darf es quellen und gären und aufkeimen im Morast einer monströs normalen Familie: das uralte Grauen, das Ovid schon besang, als er in seinen "Metamorphosen" Philomena gegen ihren Peiniger ausschreien ließ: wenn nicht mit meiner Unschuld alles vor die Hunde ging! , bevor dieser sie ihrer Zunge entledigt Kimberley, einst Titelheldin eines Songs von Patti Smith, hier nun wutentbrannte Stimme einer Heranwachsenden, die einen Spiegel vor unsere Augen schleudert, dessen Kristallsplitter Baudelaire, Hugo, Rimbaud, Verlaine aufblitzen lassen, diese Kimberley, sie wird zur Kronzeugin einer Kraft, die gegen alle Wucht des Schicksals mit der Sprache in der Hand sich ihre eigene Identität schöpfen wird.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 02.01.2015

Einen solch "grandiosen" Roman über solch eine schreckliche Familie hat Lena Bopp noch nicht gelesen. Für sie gehört das Sittenbild der Familie Meuriant, das die französische Autorin Emmanuelle Bayamack-Tam hier zeichnet, zum Besten, was sie 2014 gelesen hat: Der Roman erzählt von einer Familie, in der Grausamkeit, Missbrauch und Vernachlässigung an der Tagesordnung stehen und aus der sich die junge Kim auch mit Hilfe der Poesie zu retten versucht. Absolut fasziniert verfolgt Bopp das Schicksal dieses Mädchens, das zwar nicht unbedingt sympathisch sei, aber doch mit Verstand und Schönheit gesegnet und von solch einer beeindruckenden Furchtlosigkeit, dass die Rezensentin lange nicht merkt, auf welch zweifelhaften Pfaden sie dem Mädchen eigentlich so lange und so überzeugt gefolgt ist.
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Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 19.07.2014

Diese Autorin ist unbedingt eine Entdeckung wert, jubelt eine nach der Lektüre dieses intensiven Romans über eine junge, vernachlässigt aufgewachsene Frau, die wider die Zumutungen ringsum ihre Freiheiten einfordert, sichtlich bewegte Carola Ebeling. Mit "eleganter, vulgärer, poetischer" und in jedem Fall "hochliterarischer Sprache" konfrontiert die Autorin ihr Lesepublikum auch mit den schmerzhaftesten Widrigkeiten des Lebens und führt einen dabei ganz dicht an die Figuren heran, was auch ganz gut ohne eine klassische Geschichte funktioniert, erklärt die Kritikerin. Hervorragend findet diese Bayamack-Tams sensiblen Umgang mit Geschlechtsidentitäten und der Vielfalt des sexuellen Begehrens: Hier schreibt eine Autorin, die genau und empathisch hinzusehen versteht. Nicht zuletzt wegen der souverän eingeflochtenen Referenzen wartet hier also ein literarischer Schatz auf seine Bergung, der den Blick aufs Leben und dessen Möglichkeiten und Schönheiten schärft, lautet Carola Ebelings euphorisches Fazit.