Elias Canetti, Marie-Louise von Motesiczky

Liebhaber ohne Adresse

Briefwechsel 1942-1992
Cover: Liebhaber ohne Adresse
Carl Hanser Verlag, München 2011
ISBN 9783446237353
Gebunden, 384 Seiten, 24,90 EUR

Klappentext

Herausgegeben von Ines Schlenker und Kristian Wachinger. Zwei große Künstler begegnen sich im Exil: Die Malerin Marie-Louise von Motesiczky und der Schriftsteller Elias Canetti, die beide aus Nazideutschland nach London geflüchtet waren, lernen sich in Amersham kennen. Die Künstlerin aus reichem Hause unterstützt den bettelarmen Dichter, die beiden machen sich Mut in ihrem Schaffen - und verlieben sich. Über fünfzig Jahre erstreckt sich die spannungsreiche Geschichte, lebhaft schildern die Briefe, wie die Geflüchteten in der Nachkriegszeit in ihrem Gastland heimisch werden. Der Briefwechsel aus fünf Jahrzehnten ist das Zeugnis einer großen Liebe.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 07.01.2012

Für Franz Haas kommt mit diesem 50 Jahre umfassenden Briefwechsel mehr Licht ins Dunkel um die Beziehung zwischen Elias Canetti und seiner Geliebten, der Malerin Marie-Louise Motesiczky. Doch windet sich der Rezensent bei der Lektüre dieses "Tatsachenromans" spürbar: An zahlreichen, von Haas ausgiebig referenzierten Stellen erscheine der Nobelpreisträger als "Nörgler und Ekel", der die ihm bis zuletzt ergebene, überdies spendable Geliebte konsequent auf Distanz und hierarchisch unter sich oder, in den Worten des Autors selbst, in einer "Wüste von Erwartungen" halte. Lob ernten die Herausgeber für den zur Seite gestellten Kommentar und das Nachwort, die das Dokument auch Kreisen jenseits der Canetti-Spezialisten aufschließen, allerdings kann Haas nicht umhin zu bemängeln, dass auch diese Briefesammlung lediglich eine Auswahl der Gesamtkorrespondenz darstellt.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 01.12.2011

Schwer zu verkraften findet Peter Hamm diesen Briefwechsel zwischen Elias Canetti und der Malerin Marie-Louise Motesiczky, die vierzig Jahre lang in einem Liebesverhältnis standen. Immer wieder musste sich Hamm in Erinnerung rufen, dass Canetti großartige Werke der Weltliteratur geschaffen hat, denn in diesen Briefen trat ihm der Autor als egomanes Monstrum entgegen, das anderen Menschen nur mit Verachtung begegnete. Unentwegt forderte Canetti seinen Tribut von der vermögenden und aristokratischen Motesiczky: Geld oder Verbindungen, Verehrung und Karrierehilfe. Dabei stört sich Hamm gar nicht so sehr an Forderungen: Auch Joseph Roth entpuppte sich in seinen Briefen an Stefan Zweig als ärmer Säufer und Schnorrer, aber zeigt sich in ihnen großer Edelmut. Wenn Motesiczky dagegen von Sehnsucht und Liebe schreibt, seufzt Hamm, antwortet Canetti mit Gnadenbeweisen oder berechnender Falschheit. Jetzt weiß, warum selbst ein Freund wie der Bildhauer Alfred Hrdlicka über Canetti sagte: "Er hat Augen wie ein Menschenfresser."

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 26.11.2011

Rezensent Andreas Platthaus staunt nicht schlecht, als was für ein Ekel Elias Canetti in diesem Briefwechsel erscheint. Fehlen darum immer wieder möglicherweise aufschlussreiche Briefe und Erläuterungen? Was der Band abgesehen von diesem Mangel bietet, genügt Platthaus allerdings, um die Texte mit Spannung (nicht mit Abscheu) zu lesen. Die schicksalhafte Blaubart-Geschichte um Canetti und seine Frauen, von denen eine schwer Getroffene hier kennenzulernen ist, ist das eine. Und sie bietet dem Rezensenten psychologische Einsichten. Das andere sind Verweise auf Canettis Werk, "Masse und Macht", etwa, Platthaus erwähnt sie eigens, und darauf, wie ein großes Schriftstellerleben enden kann - in Verbitterung.
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Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 11.10.2011

Rezensent Volker Breidecker stellt den Band mit der Korrespondenz zwischen dem Schriftsteller Elias Canetti und seiner Geliebten, der Malerin und Ernst-Beckmann-Schülerin Marie-Louise von Motesiczky, vor und man bekommt den Eindruck, die Sympathien des Rezensenten liegen eindeutig bei ihr. Breidecker widmet sich Motesczkys Herkunft aus illustren jüdischen Wiener Kreisen und hebt ihre Verschwägerung mit Adorno und Heinz Simon hervor. Canetti tritt ihm aus diesem Briefwechsel vor allem als eifersüchtiger Liebhaber mit unverhohlenem Hang zum "Größenwahn" entgegen. Besonders begrüßenswert findet der Rezensent an diesem Band, dass er mit Bildern der hierzulande unverdienterweise fast unbekannten Malerin illustriert wurde.
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