Dirk Rupnow

Vernichten und Erinnern

Spuren nationalsozialistischer Gedächtnispolitik
Cover: Vernichten und Erinnern
Wallstein Verlag, Göttingen 2005
ISBN 9783892448716
Gebunden, 352 Seiten, 32,00 EUR

Klappentext

In kulturwissenschaftlichen Debatten läßt sich immer wieder die Vermutung finden, die Nationalsozialisten hätten nicht nur die totale physische Vernichtung der europäischen Juden, sondern auch die Löschung ihrer Opfer aus Geschichte und Gedächtnis geplant. Nur unzureichend und vereinzelt sind aber bislang Projekte und Phänomene beachtet worden, die dem Versuch eines totalen Vergessenmachens ganz offensichtlich entgegenstehen und eher für den Versuch einer weitergehenden, noch über die Vernichtung hinausreichenden Funktionalisierung sprechen. Die fortgesetzte Ausstellung von Judaica während des Dritten Reichs und die Einrichtung eines Jüdischen Zentralmuseums unter der Aufsicht des SD in Prag weisen in die gleiche Richtung wie das Bemühen der Nationalsozialisten auf dem Gebiet der Judenforschung und eine Vielzahl von fotografischen und filmischen Dokumentationen der Opfer und der an ihnen verübten Verbrechen. Statt einer Endlösung der Erinnerung ist von den Tätern vielmehr eine Arisierung des Gedächtnisses geplant worden. Die Musealisierung diente zur Perpetuierung des notwendigen Feindbildes für die nationalsozialistische Ideologie.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 05.12.2005

Eher durchwachsen findet Rezensent Magnus Brechtken diese Arbeit über die Erinnerungspolitik in der Zeit des Nationalsozialismus, die Dirk Rupnow vorgelegt hat. Der Autor beleuchte zeitgenössische Unternehmungen, Pläne und Initiativen, die sich mit Fragen der "Gedächtnispolitik" in Verbindung bringen lassen - von Projekten wie dem Jüdischen Zentralmuseum in Prag bis zur sogenannten Judenforschung als Zweig nationalsozialistischer Geschichtsschreibung. Diese Perspektive verbinde er mit einer Darstellung der Nachkriegs-Stimmen im Erinnerungsdiskurs zur NS-Herrschaft. Fragestellung und Thematik des Buches hält Brechtken für durchaus interessant. Allerdings können ihn Rupnows Ausführungen nicht immer überzeugen. Eine systematische Analyse des Zusammenhangs zwischen den Zielen und der Reichweite zeitgenössischer "Gedächtnispolitik" und ihren Wirkungen in der geschichtswissenschaftlichen und öffentlichen Debatte nach 1945 bleibt der Autor zum Bedauern des Rezensenten schuldig. Unangenehm berührt zeigt er sich von den teils harschen Urteilen Rupnows über andere Forscher. Dabei sieht er gerade bei Rupnow Lücken im Blick auf den Stand der Forschung. Zudem hält er dem Autor manche Widersprüche und Ungereimtheiten vor. Sein Fazit: Mit einer "umfassenderen Quellenanalyse" sowie einem "präziseren Abgleich" zum Diskussionsstand der Forschung wäre noch einiges aus dem Thema herauszuholen.
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