Denis Johnson

Ein gerader Rauch

Roman
Cover: Ein gerader Rauch
Rowohlt Verlag, Reinbek 2008
ISBN 9783498032227
Gebunden, 877 Seiten, 24,90 EUR

Klappentext

Aus dem Amerikanischen von Bettina Abarbanell und Robin Detje. Dies ist die Geschichte von "Skip" Sands - einem CIA-Spion in der Ausbildung für psychologische Kriegsführung in Vietnam - und den Katastrophen, die über ihn hereinbrechen. Dies ist die Geschichte seines Onkels, eines undurchsichtigen Geheimdienstlers, sowie der haltlosen Houston-Brüder Bill und James, die es als junge Soldaten aus der Wüste Arizonas an Orte tiefster Desillusionierungen verschlägt. Und nicht zuletzt ist dies die Geschichte von Kathy Jones, einer Krankenschwester, die nach dem Tod ihres Mannes, eines Missionars auf den Philippinen, eine Affäre mit Skip Sands hat und bis ans Ende ihren Glauben nicht verliert.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 14.01.2009

Christoph Schröder hat den jüngsten Roman von Denis Johnsons, den er als einen der wichtigsten Autoren der amerikanischen Gegenwartsliteratur rühmt, mit großer Faszination gelesen. Der Krieg ist beim Autor "Gebiet mythologischer Erhöhung und göttlicher Verdammnis", die sämtliche Protagonisten ausnahmslos erfasst, stellt der Rezensent beklommen fest. In zwei Parallelgeschichten wird zum einen von Colonel Sands erzählt, der in Vietnam eine "PsyOps" genannte Abteilung aufbaut, deren Ziel die "psychologische Unterwanderung" und die "gezielte Desinformation" des Feindes darstellt. Zugleich wird das Schicksal eines Brüderpaars geschildert, von denen der eine als krimineller Säufer in der Heimat endet, der andere aber als brutale "Kampfmaschine" im Dschungel wütet, um am Ende elend zugrunde zu gehen, fasst der Rezensent zusammen. Schröder findet es nicht immer leicht, sich in diesem Roman zurecht zu finden, weil aus wechselnden Perspektiven und in chronologischen Sprüngen erzählt wird, aber er würdigt diese "Richtungslosigkeit" schließlich als Programm, um das Wesen des Krieges zu charakterisieren.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 28.11.2008

Fast wäre Hubert Spiegel das schwere Buch aus den Händen gerutscht. Derart vibriert es mitunter vor Wut und Verzweiflung. Dass er unbehelligt weiterlesen konnte, liegt daran, dass Denis Johnsons Roman nicht nur gute Momente hat. Spiegelt bemängelt die Inkonsistenz, provoziert durch einen mit Personal und zeitlicher Abfolge reichlich lax verfahrenden Autor sowie den ein oder anderen, einschlägigen Vietnam-Filmen geschuldeten Knalleffekt. Allerdings entdeckt er dahinter ein Thema, das er für stark genug hält, das Buch zu einem außergewöhnlichen zu adeln: Wie der Krieg (nicht nur in Vietnam) die Seele des Soldaten zerstört, der sich ihm ausliefert und dann nie wieder losgelassen wird.
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Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 30.10.2008

Als Roman, der aus der "Tiefe poetischer Einsicht" auch politisch zu denken gebe, bewundert Rezensent Ebehard Falcke dieses "großartige", "brisante" und "wunderbar wüste" Buch, dessen Protagonisten ihn an die Ränder (und Abgründe) des "amerikanischen Weltbefreiungstraums" geführt haben. Es gehe in diesem vielschichtigen Buch von Denis Johnson um den Vietnamkrieg, und als Leser muss man sich der Beschreibung des Rezensenten zufolge durch ein recht komplexes Beziehungsgeflecht aus literarischen Verweisen, Handlungssträngen und Figuren arbeiten: immer gegenwärtig sei Joseph Conrads "Herz der Finsternis" und Coppolas Film "Apokalypse Now". Aber auch die Bibel, der auch der Romantitel entstammt, wie Falcke schreibt. Allerdings sei das Zitat der Codename einer Operation, die dem Verdacht manipulierter Geheimdienstinformationen nachgehe, womit der Stoff den gefesselten Rezensenten in die unmittelbare Gegenwart des Irakkriegs führt. Auch die Übersetzung von Robin Detje und Bettina Abarbanell bekommt Bestnoten.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 15.10.2008

Wie eine Miles-Davis-Platte aus den Siebzigern, ein vom "Willen zum Weitermachen" angetriebener "ewig langer Jam" - so kommt Tobias Rapp der neueste Roman von Denis Johnson vor. Offensichtlich steht Rapp auf Electric Miles, denn er hält Johnsons neuestes Buch für einen "grandiosen Roman" und seinen Autor für einen "Geheimtipp". Johnson erzähle auch in diesem Text wieder vom abseitigen Amerika, von Außenseitern und Einzelgängern, berichtet Rapp. "Ein gerader Rauch" spielt im Vietnamkrieg und konfrontiert einen ebenso gebildeten wie naiv-idealistischen CIA-Angestellten mit seinem Onkel und Antagonisten, einem ebenfalls für die CIA arbeitenden alten Haudegen, der der Kontrolle seiner Vorgesetzten immer mehr entgleitet. Dabei finde Johnson allerlei Platz für Saufereien, Mord und Totschlag, die er, wie Rapp lobt, mit Liebe auch zum grotesken Detail auszumalen wisse. Dass dieser "Antiroman" keine "wirklich nachvollziehbar konstruierte erzählerische Ordnung hat", ist nach Rapps Ansicht gerade seine Stärke: "diese wilde, halluzinogene Logik" gebe dem Buch - siehe Miles Davis - gerade "seinen Halt und seine Überzeugungskraft".

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 04.10.2008

Großen Eindruck hat Denis Johnsons Roman "Ein gerader Rauch" bei Thomas Hermann hinterlassen. In seiner langen Besprechung, in der er die komplexe Geschichte mit ihren zahlreichen Handlungssträngen nacherzählt, würdigt er den um den Vietnamkrieg kreisenden Roman als "Opus magnum" des amerikanischen Schriftstellers. Er beschreibt das Werk als Kriegs- und Familienroman, in dem die Konflikte verschiedener Familien die großen Konflikte der Zeitgeschichte widerspiegeln. Ein zentrales Thema sieht er dabei in den "vergeblichen Versuchen der Menschen, einander und die Welt zu verstehen". Die Schilderung des Geschehens, in dessen Mittelpunkt der skrupellose Kreis um Colonel Francis X. Sands, der in Vietnam auf psychologische Kriegsführung spezialisiert ist, scheint Hermann "schonungslos" realistisch. Besonders lobt er dabei die "hervorragenden Dialoge" des Romans. Außerdem schätzt er die biblischen Subtexte, die Johnson meisterlich einbringt.